27.10.2017 Tsunuryo Onsen

Heute haben wir uns ins Auto gesetzt und sind vom Towadasee zum Tsunuryo Onsen gefahren, eines der ältesten Thermalbäder Japans. Das war ein ziemliches Gegurke durch die Berge, die so unpraktisch quasi das „Rückgrat“ von Honshu bilden, aber die wunderschöne Herbstlandschaft hat es uns vergolten.

Abschied vom Towadasee
Ein Wasserfall am Wegesrand
und ein Stausee

Auf dem Weg sind wir auch in Kosaka vorbei gekommen, das ist eine alte Minenstadt, die ca. von 1890-1920 stark boomte, nicht zuletzt dank Entwicklungshilfe des deutschen Bergbauingenieurs Curt Netto, der später die Bergbaufakultät der Uni Tokio gründete und in Kosaka als Held verehrt wird.

Heute ist Kosaka ein Nest von 5000 Einwohnern, aber vor 100 Jahren war es ein Zentrum der Moderne in Tohoku.

Zum Beispiel sah das Verwaltungsgebäude der Minengesellschaft so aus.

Vor allem aber gibt es da den Kourakukan, das älteste erhaltene Kabukitheater Japans und definitiv das größte nördlich von Tokio. Es wurde auch für Kino und anderes Theater genutzt und war das kulturelle Zentrum der Region. Wie die meisten Kabukitheater wurde es beinahe abgerissen, aber 1985 wurde es wiederbelebt.

Der Kourakukan von außen…
…und von innen.
Die Lobby.

Ziel war aber letztlich der Tsunuryo Onsen. Das ist wahrscheinlich der älteste kontinuierlich betriebene Onsen in Japan, von 1650 – da war das Shogunat noch kein halbes Jahrhundert alt. Entsprechend ist die Anlage auch ganz bewusst simpel und rustikal gehalten, sehr old school. Aber einigermaßen fixes Internet haben sie trotzdem 🙂

Der Zugangsweg.
Mehrere Szenen aus der Anlage.

Die Bäder selbst kann man logischerweise nicht fotografieren.

Aber dieses Bild des großen Freiluftbeckens konnte ich aus dem Netz ziehen. Das Wasser ist milchig weiß und ziemlich schweflig.

Und für die Freunde bewegter Bilder hier noch ein Video der Eindrücke der Fahrt:

28.10.2017 Kakunodate und Tazawako

Zunächst mal ein paar Bilder aus dem kulinarischen Bereich:

Das Abendessen im Tsunuryo Onsen. Alles aus lokalen Produkten, rustikal und auch lecker, für meinen Geschmack mit sechs verschiedenen Pilzgerichten aber zu pilzlastig.
Mein Mittagessen heute hingegen ganz ohne Pilze: Hamburg (ein Fleischpflanzerl mit Ketchup-Sake-Sauce).
Tini hatte Oyakodon: Hühnchen und Ei auf Reis.

Heute morgen haben wir nochmal das Outdoor-Bad im Tsunuryo Onsen genossen, danach ging es weiter nach Kakunodate. Das ist eine kleine Stadt ebenfalls in der Gegend mit der besterhaltenen Altstadt im nördlichen Japan. Auf jeden Fall die beste Altstadt, die ich bisher in Japan sah, mit einer ganzen Anzahl von Samurai-Residenzen, die eben nicht nur vereinzelt standen wie sonst, sondern noch ein ganzes Gebiet von mehreren Blocks prägten. Das darf man sich jetzt nicht wie Rothenburg ob der Tauber oder Landshut vorstellen, aber nett ist es allemal.

Ein Straßenbild. Es war Samstag und schönes Wetter, wir waren nicht allein.
Eine der genannten Samurai-Residenzen.
nebst Garten.
Das hier ist keine Samurai-Residenz, sondern ein modernes Haus. Aber anders als sonstwo in Japan gibt es hier eine Art Ensembleschutz – ein andernortens unerhörtes Konzept!
Es war gut, der Samurai zu sein. Eigentlich waren die Samurai zu dieser Zeit Beamte, nicht Soldaten, aber sie hatten durchaus die passende Ausrüstung.
Manchmal sogar eine ganze Sammlung…
…aus verschiedenen Epochen…
…und Waffengattungen. Natürlich sind diese Uniformen jüngeren Datums, als nach Ende der Shogunatszeit und damit auch der Samurai.

Die Samurai der Edo-Periode waren Beamte, die gerne darüber Gedichte schrieben, Krieger zu sein. Der wichtigste und mächtigste Samurai, der in dieser Straßen wohnte, war Buchhalter. Wie trafen auch seinen Nachfahren, der uns auf Englisch durch das Haus führte.

Das Haus war mit der modernsten Unterhaltungstechnologie des frühen 18. Jahrhunderts ausgestattet: Schildkrötenschnitzereien, die Schatten werfen.
Feine Kimonos gab es auch zu sehen.
Eine Besonderheit in Kakunodate sind die alten Lagerhäuser, die extrem dicke Wände und Fensterläden hatten. Dieser Fensterladen ist gut 50cm dick!

Nach Kakunodate reisten wir weiter zum Tazawa-See, wo wir unsere letzte Nacht in Tohoku verbringen. Das ist der zweitgrößte Kratersee Japans und ebenfalls landschaftlich sehr schön.

Der See ist vor allem mit der Legende von Tatsuko verbunden. Davon gibt es mehrere Versionen, aber es ist letztlich eine japanische Variante der kleinen Meerjungfrau, in der das Mädche Tatsuko sich in einen Wasseerdrachen verwandelt, der seitdem im See haust.

Drum ist diese Statue – quasi direkt neben unserem Hotel – die primäre Sehenswürdigkeit der Region.
Tatsuko blickt auf diesen, ihren, Schrein…
…an dessen Fuße sich reichlich Fischlein tummeln.
Hier noch der Blick aus meinem Zimmer. Wir haben Panoramazimmer mit Fenster in zwei Richtungen: ebendiese und auf den Schrein.

Hier noch Videoeindrücke:

Morgen geben wir unseren Mietwagen in Morioka ab und fahren in eine ganz andere Region von Honshu: Chubu, nördlich und westlich von Tokio. Unser Aufenthalt in der Region Tohoku endet damit, aber es gibt noch viel zu entdecken.

29.10.2017 Fahrt nach Kanazawa

Heute gibt es keine Bilder, es war ein verregneter Reisetag, den wir glücklicherweise hauptsächlich in Auto und Zug auf dem Weg vom Tazawa-See nach Kanazawa verbracht haben. Kaum hat man das halbe Land durchquert (s. Reiseroute), Wäsche in einem Waschsalon gewaschen, zu Abend gegessen und Vorräte für den nächsten Tag eingekauft, ist der Tag auch schon vorbei.

Morgen geht es weiter zu den historischen Dörfern von Shirakawa-go und Gokayama, Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und nach Takayama, einer historischen kleinen Stadt. Kanazawa bleibt aber für die nächsten Tage unser Basislager, d.h. wir kehren Abends hierher zurück.

30.10.2017 Shirakawa-go und Takayama

Japans Weltkulturerbe steht unter Wasser. Naja, vielleicht nicht ganz, aber es ist auffällig: als wir letzte Woche in Hiraizumi (UNESCO Weltkulturerbe) waren, regnete es in Strömen. Als wir heute in Shirakawa-go waren (ebenfalls UNESCO Weltkulturerbe) regnete es auch – es war sogar ein ziemlich isolierte Regen, der nur über uns hing. Natürlich haben wir uns den Ausflug nicht vermiesen lassen, aber nass war es trotzdem.

Die Dörfer von Shirakawa-go und Gokayama liegen südöstlich von Kanazawa und sind Weltkulturerbe wegen der besonderen Bauernhäuser, die dort traditionell gebaut wurden, um den winterlichen Schnee abzuwehren. Es sind insgesamt drei Dörfer, wir waren in Ogimachi, dem größten der drei.

Was hat es mit den sog. Gassho-Häusern nun auf sich? Es sind traditionelle japanische Bauernhäuser mit einem sehr spitzen Giebel gegen den vielen Schnee, der hier im Winter fällt. In Ogimachi leben eine ganze Reihe Leute ganz normal, teils in besagten Gassho-Häusern, teils in moderneren Bauten.

So kann man sich das vorstellen…
…oder so…
…oder so.

Dies sind nun alles noch bewohnte Häuser im tatsächlichen Dorf. Direkt nebenan gibt es noch ein Freilichtmuseum wo man Gebäude aus der ganzen Region zusammengetragen hat. In die kann man dann auch ganz ohne irgendwelche Bewohner zustören hinein.

Eins der spektakulärsten Häuser im Freilichtmuseum.
Ein Einblick ins Innere.
Dort hat man sich alle Mühe gegeben…
…ein schönes Ambiente zu schaffen.

Wäre bei schönem Wetter natürlich noch toller gewesen, was aber auch so schon ein netter Einblick ins ganz ländliche, traditionelle Japan.

Zweiter Teil war die Stadt Takayama noch ein Stückchen weiter südöstlich von Kanazawa. Die Distanzen haben wir mit dem Mietauto überwunden, allerdings bestand die Fahrt zu gefühlt 80% aus Tunneln. Praktisch und schnell, wegen der Maut aber leider auch teuer.

Takayama ist ebenfalls für seine schön erhaltene Altstadt bekannt. Dort gibt es zwar nicht so viele Samuraihäuser wie in Kakunodate, dafür ist das Areal deutlich größer und man sieht viele Händlerhäuser aus der Edo-Periode und (aus meiner Sicht fast noch besser) moderne Gebäude, die dazu passen.

So gibt es da zum Beispiel eine altmodische Einkaufstraße…
…aber eben auch neuere Häuser, die ins Gesamtbild passen.
In Takayama fließt ein großer Fluss…
…und ein kleinerer mit mehreren…
…schmucken…
…Brücken und Ansichten.

Ein Highlight war auch der Takayama-Jinya. Das ist das einzige erhaltene regionale Verwaltungsgebäude des Shogunats in Japan. Die Region Hida (wo Takayama liegt) hatte über weite Teile der Edo-Periode keinen Feudalherrn, sondern wurde durch einen aus Edo (Tokio) eingesetzten Beamter verwaltet.

Der Jinya war also Verwaltungs- und Gerichtsgebäude, Polizei und Gefängnis und vor allem Finanzamt, mit einem riesigen Lagerhaus für Reis. Das Ganze ist mindestens so groß wie die Daimyo-Paläste, nur weniger prunkvoll.
Der Blick in diesen kafkaesken Korridor ist etwas besonderes: nur wenige alte japanische Gebäude sind überhaupt so lang.

Da der Jinya durch einen Magistraten geleitet wurde und nicht einen Fürsten gibt es wenig Prunk.

Aber ein schöner Garten muss sein.

So jetzt noch ein paar Bilder aus dem Bereich Essen:

Das ist ein Omurice. Ein Omelett, gefüllt mit gebratenem, mit Ketchup gewürzten Reis. Bei Kindern und solchen, die es geblieben sind beliebt. Obendrauf liegt eine Krabbenkrokette quasi als „Beilage“.
Das sind Menchi Katsu: panierte und fritterte Fleischpflanzerl. Die Japaner panieren und frittieren gerne – soviel zum Thema gesunde Diät aus Reis, Seetang und Fisch.
Und nochmal Yakiniku, also Fleisch mit Tischgrill. Das japanische Rindfleisch wird in dünnen Scheiben gereicht, die fein mit Fett marmoriert sind.

Hier noch ein paar Videoeindrücke des Tages:

Morgen erkunden wir Kanazawa, vor allem den Kenroku-en, einen der drei großen japanischen Gärten.

31.10.2017 Kanazawa

Ganz ohne Martin Luther und nur wenig mit Halloween haben wir uns heute in Kanazawa herumgetrieben. Das ist ein mittelgroße Stadt mit knapp einer halben Million Einwohnern. In der Edo-Periode war dies die reichste Feudalregion Japans, entsprechend ist eins der Schriftzeichen der Stadt auch das für Gold. Auch heute noch hat die Stadt schmucke Flecken und anscheinend auch einiges an Geld:

So ist der Bahnhof hochmodern und hat ein interessantes Haupttor.

Hauptsehenswürdigkeit ist der Kenroku-en, einer der drei „Großen Gärten“ Japans, früher der Garten des Feudalherren (daimyo). Der Kenroku-en ist berühmt, weil er die sechs Prinzipen des japanischen Gartenbaus, Weitläufigkeit (宏大 kōdai), Abgeschiedenheit (幽邃 yūsui), Kunstfertigkeit (人力 jinryoku), Althergebrachtes (蒼古 sōko), fließendes Wasser (水泉 suisen) und weiter Blick (眺望 chōbō) perfekt verkörpert. Es ist also quasi der Archetyp des japanischen Gartens überhaupt.

Das Gelände ist nicht arg weitläufig, aber wie immer bei solchen Gärten sehr verwinkelt, so dass es viel zu sehen gibt.

Z.B. den ersten Springbrunnen Japans.
Diese Brücke ist berühmt, weil sie aussieht, als bestünde sie aus zwei Steinplatten übereinander. Es ist aber nur eine, es handelt sich um einen Kunstgriff, um sie „leichter“ aussehen zu lassen.
Diese Aussicht gilt als besonders ausgewogen und interessant. Man beachte auch den orangen Fleck hinter dem Wasserfall, das ist Absicht um Spannung durch Unebenmäßigkeit zu erzeugen.
Ein Teehaus.
Momiji!
Laternen und andere Steinelemente gibt es überall.
Eine gewaltige Zeder mit Stützpfeilern. Ihre Wurzeln beginnen über dem Boden, das macht sie besonders.
Diese Zeder am Teich ist noch größer und stützbedürftiger.
Diese Laterne ist berühmt, weil sie mit einem Bein im Wasser steht – ein ungewöhnlicher Kunstgriff.
Wer sich fragt, was das für Stangen bei der Zeder sind: das sind Schirme gegen den Schnee. Morgen werden sie in einer traditionellen Zeremonie aufgespannt.
Kanazawa ist für seine Goldschmiedekunst, vor allem sein Blattgold bekannt. Man kann sogar Softeis mit Blattgold kaufen (kein Witz).
Eine Burg hat Kanazawa auch. Wem dieses Gebäude jetzt aber arg sauber vorkommt, hat vollkommen recht: die Burg wird seit 1995 mit traditionellen Baumethoden neu gebaut. Bis 1995 stand da eine Uni, denn die Burg war in der Edo-Periode abgebrannt. Das muss eine Stange Geld kosten!
Innen sieht es da so aus. Die Balken sind alle traditionell verzapft.
Dieses Tor ist allerdings noch original.
Die Mutter des Daimyos hatte übrigens ihren eigenen Garten, hier.

Als nächstes waren wir im Oyama-jinja, ein Schrein zu Ehren eines ehemaligen Daimyo und Feldherren der Sengoku-Periode (Kriegswirren vor der Shogunatszeit der Edo-Periode).

Der Schrein selbst sieht ganz normal aus.
Das Tor hingegen wurde teils von einem Holländer designt und ist eine bizarre Mischung japanischer und europäischer Elemente, mit Buntglasfenster. So was findet man sonst nicht(!) an Schreinen.

Kanazawa hat auch ein Samurai-Viertel und ein Geisha-Viertel, die gut erhalten sind und in denen es reihenweise sündhaft teure Geschäfte gibt.

Im Samuraiviertel sieht alles schön ordentlich aus.
Das Geishaviertel hingegen hat verwinkelte Gassen….
…Gebäude, die golden im Sonnenlicht schimmern…
…traditionelle Produkte…
…und teure Läden!

Hier noch Videoimpressionen des Tages:

So, und zur Feier des Tages (Halloween, Reformationstag, usw.) gehen wir jetzt Sushi Essen und Bier trinken!

01.11.2017 Kanazawa

Wir hatten ein schönes Halloween-Essen mit lecker Sushi und Gemüse:

Wer sich jetzt hier fragt, was in die Rollen rechts eingewickelt ist: Das ist Natto, vergorene Sojabohnen.

Irgendwas muss aber schlecht gewesen sein, oder Halloween war heuer extra ungeheuer, denn:

Aus Tini und Miho wurden plötzlich…
…schreckliche Yurei (Gespenster). Also nix wie weg!

Am nächsten Morgen war die Welt dann wieder in Ordnung. Tini und Miho haben sich ein Museum für moderne Kunst angesehen, da habe ich lieber nochmal einen Spaziergang durch den Koraku-en und Kanazawa gemacht.

Mittlerweile haben die Gärtner auch angefangen, die Yukizuri, also die Seile, die die Bäume vor dem Schnee schützen sollen, aufzubauen.
Tollkühne Gärtner in schwindelerregenden Höhen.

Jetzt noch ein paar Fotos aus dem Koraku-en:

Die Wildgans-Brücke, so genannt weil sie geformt ist wie ein Schwarm Wildgänse im Flug.
nochmal die im Wasser stehende Laterne…
…und eine Totale auf den See. Man beachte, dass der Gärtner gerade eines der Seile auswirft.

Der Weg zurück zum Bahnhof führte mich durch den Omicho-Markt, einen überdachten Markt hauptsächlich für Lebensmittel…

…wie sündhafte teure Krebse (die beiden Viecher kosten ca. €75…
…und wesentlich günstigeres Gemüse. Leider kriegt man die japanischen Gurken, die kürzer, dünner und aromatischer sind als die üblichen deutschen Salatgurken in Deutschland so gut wie nicht.

Aktuell sitzen wir im Zug nach Nagoya, dem nächsten Ziel unserer Reise. Da diese Fahrt mal nicht durch tausend Tunnels führt habe ich sogar Internet zum Bloggen.

Hier noch Videoimpressionen vom Tage:

 

02.11.2017 Hikone und Sekigahara

Aktuell ist unser Basislager in Nagoya, das wir aber erst noch erkunden müssen. Hier ein paar nächtliche Bilder:

Das hier ist das Oasis 21, ein architektonisch seltsames Einkaufszentrum…
…mit Wasser auf dem Dach. Im Hintergrund der Fernsehturm.
Es gibt dort die seltsamsten Dinge zu kaufen.
Ein Blick aufs nächtliche Nagoya. Ja, das ist ein Riesenrad im Hintergrund.

Unser erster Tagesausflug führte uns nach Hikone, eine Stadt am Biwasee, dem größten See Honshus und außerdem so ziemlich die Mitte. Dort gibt es eine der fünf historischen Burgen, die als nationale Schätze gelten. Damit habe ich vier von ihnen gesehen (Himeji, Matsumoto, Matsue und Hikone), die fünfte ist ganz in der Nähe und kommt auch noch dran.

Und das ist sie, Burg Hikone. Viel kleiner als Himeji und deutlich kleiner als Matumoto und Matsue, aber sehr schmuck.
In Japan hat jede Burgstadt ein beklopptes Maskottchen.
Und jede Burg, die was auf sich hält hat einen Garten.

Die Kirschbäume sind aber völlig durchgeknallt und haben im November noch eine Teilblüte, warum auch immer.
Dieser Bewohner findet das prima!

Unser zweites Ziel war Sekigahara. Dort fand im Jahre 1600 die Entscheidungsschlacht zwischen dem späteren Shogun Tokugawa Ieyasu und den Loyalisten des zu dem Zeitpunkt schon verstorbenen Reichsvereiners Toyotomo Hideyoshi statt. Es war das Ende der Kriegswirren der Sengoku-Periode und der Beginn der weitgehend friedlichen Edo-Periode, letztlich der wichtigste historische Moment des neuzeitlichen Japan.

Wie man sich vorstellen kann ist von einem über 400 Jahre alten Schlachtfeld nicht mehr viel zu sehen, aber Sekigahara, heute eine kleine Industriestadt, müht sich redlich die historischen Stellen auszuweisen und mit Infotafeln zu kommentieren, das sogar auf Englisch.

Gleich beim Bahnhof sind die Wappen der beteiligten Klans zu sehen…
…und selbst dieses eher industriell anmutende Gebilde ist mit einem Motiv der Schlacht verziert.

Warum übrigens fand diese Schlacht in Sekigahara statt? Das ist quasi der Verkehrknotenpunkt zwischen dem östlichen Japan um Tokio (damals Edo) wo Tokugawa seine Macht hatte und dem westlichen Japan um Kyoto und Osaka, wo Hideyoshi (dessen Sohn noch ein Kind war und für den Feldherr Ishida Mitsunari kämpfte) sein Zentrum hatte. Man spricht daher auch vom Kampf der östlichen mit der westlichen Armee. Und es waren große Armeen: insgesamt waren bis zu 200.000 Soldaten involviert. Es war mit Abstand die größte Schlacht der japanischen Geschichte bis zum 2. Weltkrieg und die wohl größte Schlacht auf den japanischen Hauptinseln überhaupt.

Bizarr war übrigens auch eine Ausstellung im Museum, wo es um Gettysburg und Waterloo ging. Anscheinend gibt es da eine Art Kulturaustausch zwischen historischen Schlachtenfans.

An dieser Stelle wird der heftigsten Kampfhandlungen gedacht.
Hier sieht man das Hauptquartier von Ishida Mitsunari von unten…
…und von oben.

Wie verliert man eine Schlacht, in der man zahlenmäßig überlegen ist und auch noch den höheren Grund hält? Ganz einfach: Verrat! Tokugawa hatte mehrere Klans, die eigentlich auf Ishidas Seite waren dazu überredet, sich herauszuhalten oder sogar die Seiten zu wechseln. Womit man wieder sieht: Kriege werden nicht militärisch, sondern politisch gewonnen. Das Ganze passierte natürlich auch in schönster Game of Thrones – Manier.

Unter diesem Baum wurden die Köpfe der Gefallenen der Ostarmee begraben. Damals war es usus, den Getöteten die Köpfe abzuscheiden und sie rituell auszustellen, bevor man sie bestattete.

Ansonsten ist Sekigahara eine völlig harmlose Stadt mit Fabriken und Feldern und so manchen schönen Flecken:

Hier noch mein Mittagessen:

Unagi, gegrillter Aal. Sehr lecker, aber fett!

Heute keine Videos. Morgen sehen wir uns Nagoya an, vor allem das Tokugawa-Museum. Dort lagern die Schätze, die Tokugawa Ieyasus Klan in über 250 Jahren Herrschaft angesammelt hat!

03.11.2017 Nagoya

Heute war Nagoya an der Reihe. Mit ca. 2,3 Mio Einwohnern die viertgrößte Stadt Japans ist das schon Großstadt, aber doch erheblich gemächlicher als Tokio.

Erster Programmpunkt war die Burganlage.

Dabei ist der Festungsturm zwar nett anzuschauen, aber er ist ein Beton-Nachbau aus der Nachkriegszeit.

Viel wichtiger ist der angeschlossen Honmaru-Palast. Auch dies ein Nachbau, aber eben ein brandneuer ausschließlich mit traditionellen Techniken gefertigt. Dabei konnte man auf Fotografien zurückgreifen, um auch die kunstvolle Innenausstattung wiederherzustellen.

Burg Nagoya war der Sitz eines Nebenzweigs der Tokugawa-Familie, also soz. die Cousins vom Shogun. Diese Nebenzweige waren vor allem dafür da, die Erblinie sicherzustellen, falls der Herrscher keinen eigenen Nachwuchs hat. Die Owari Tokugawa wurden aber auch recht bald selbst mächtige Fürsten.

Entsprechend prächtig ist der nachgebaute Palast. Ganz fertig wird er erst 2018, wie man am Kran im Hintergrund sieht.
Umwerfend sind die Warteräume ganz am Anfang des Palasts. Hier warteten Gäste und Bittsteller auf ihr Treffen mit dem Fürsten.
Dabei sind die Tigermotive geschickt gewählt: prächtig, aber auch gleichzeitig bedrohlich.
Motive in angrenzenden…
Räumen.
Alle Wandtafeln bisher waren Nachbauten. Diese hier ist Original.
Beindruckend ist, wie hell das Holz des neuen Nachbaus ist. In zweihundert Jahren ist das genauso dunkel wie in den erhaltenen Burgen.
Die Skyline von Nagoya vom Festungsturm aus gesehen.
Der Palastnachbau von oben.
Im Burggarten: die Blumen Japans. Gut dass ich größer bin als die meisten Japaner und über den Riesenpulg von Fotografen drüberknipsen konnte.

Zweiter Programmpunkt war das Tokugawa-Museum. Hier haben die Owari Tokugawa, die es immer noch gibt (wenngleich nicht als Fürsten) ihre Schätze und die der Shogunats-Tokugawas zusammengetragen. Rüstungen, Schwerter, Schriftrollen, Teegeschirr, Lackkunst, alles vom Feinsten. Es war gut, der Cousin vom Shogun zu sein. Leider darf man nicht fotografieren.

Neben dem Museum ist noch der Tokugawa-en, ein Garten der Familie. Leider ebenfalls ein Nachbau, in Nagoya hat der zweite Weltkrieg ziemlich viel zerstört.

Reizvoll dennoch der Garten mit modernem Hintergrund.

Morgen machen wir einen Ausflug nach Ise, zum wichtigsten Schrein des Shintoismus: dem der Sonnengöttin und Ahnherrin des Kaiserhauses Amaterasu.

04.11.2017 Ise

Heute haben wir einen Ausflug nach Ise gemacht. Dort sind sehr viele shintoistische Schreine, vor allem aber die beiden Schreine der Sonnengöttin und Kaiserahnherrin Amaterasu. Zusammen mit Izumo, wo ich letztes Jahr war, sind das die wichtigsten Schreine des traditionellen japanischen Kami-Glaubens.

Ise ist ziemlich abgelegen (s. Reiseroute), aber von Nagoya aus kommt man da in 1,5 Stunden hin.

Tini war da schon mal vor 15 Jahren und berichtete von einer nahezu verlassenen Stadt und Schreinen in weitläufigen Parks. Nun waren wir Samstag bei leidlich schönem Wetter und da sah das schon anders aus:

Dies hier ist nur der Weg vom Bahnhof zum Geku, dem „äußeren Schrein.“
Dies ist der Eingang zur Anlage, da hatte ich Glück und nur wenige Leute außer Tini im Bild.
Wie immer sieht man von den Schreinen nicht allzu viel, das wusste ich schon. Hier ein Blick auf den Geku von außen…
…und von vorne. Man kommt nur wenig weiter und darf da nicht fotografieren.
Was man gut sieht, sind die Standorte für den nächsten Schrein. Die Schreine werden alle 20 Jahre abgerissen und neu gebaut, hier kommt der nächste hin.
Bei diesem kleineren Schrein sieht man das gut, rechts der aktuelle Schrein, links das Gelände für den nächsten Bau.

Der noch wichtigere Naiku, der „innere Schrein“ ist ein gutes Stück vom Bahnhof weg, man fährt ca. 20-30 Minuten mit dem Bus. Vor dem Gelände gibt es ein sehr geschäftiges Viertel mit Läden und Lokalen. Das ging es zu wie im Taubenschlag.

Das hier ist noch der leerste Weg zum Schrein.
Wie man sieht, waren viele Leute zum Naiku unterwegs.
Hübsche Flecken…
…gibt es trotz der Massen.
Das hier ist mitnichten der Schrein sondern der Kagura-den, eine Halle für rituelle Tänze und Noh-Theater. Immerhin kann man das Gebäude ganz gut fotografieren.
Das ist nun der Naiku-Schrein so nahe man ihm mit der Kamera kommt.

Beim Geku gibt es ein Museum, wo man ein 1:1 Modell des Naiku hätte sehen können. Leider hatte das Museum beim Taifun einen Wasserschaden und war geschlossen.

Das hier ist schlicht ein abfotografiertes Plakat. Da sieht man ganz gut das Modell des Naiku (die kleinen Gebäude). Im Hintergrund steht natürlich kein Riesenschrein, es ist eine große Darstellung des Hauptgebäudes von der Seite.

Schon spannend ist aber immer die Architektur der Schreine, die seit weit über Tausend Jahren gleich geblieben ist (dank des ständigen Abreißens und originalgetreu Wiederaufbauens). Faktisch der einzige Teil der japanischen Kultur, der eben nicht durch den Kontakt mit China beeinflusst wurde.

Morgen geht es nach Inuyama, der für mich letzten der fünf Burgen, die als nationale Schätze deklariert sind, und dann weiter nach Tokio.

 

05.11.2017 Inuyama

Heute reisen wir weiter nach Tokio, aber vorher stand noch ein Halbtagsausflug nach Inuyama auf dem Programm, das ist ganz in der Nähe von Nagoya. Wir sind für einen Sonntag sehr früh aufgebrochen und haben die Bahn um 7.45 Uhr genommen, damit wir bei der Öffnung um 9 Uhr an der dortigen Burg sein konnten. Das war auch eine gute Idee, denn das Wetter ist schön, es ist das 3-5-7 Fest wo 3&7jährige Mädchen und 5jährige Jungs zum Schrein des örtlichen Schutz-Kami geführt werden und eine Art von Umzug war auch geplant. Sprich, es wurde im Laufe des Vormittags immer voller, aber wir haben das ganz gut umgangen.

In Inuyama ist die kleinste, aber auch älteste der fünf berühmtesten Originalburgen in Japan. Im Gegensatz zu solchen Prachtbauten wie Himeji wurde sie tatsächlich als Festung für den Krieg gebaut.

Entsprechend steht sie auch auf einem Hügel, d.h. man muss erst hochklettern. Frei nach Kung Fu Panda: My old enemy, stairs!
Hübsch anzusehen…
…ist sie allemal. Sie ist aber so klein, dass die Treppen im Inneren de facto Leitern sind.
Dafür kann man dann aber auch ganz nach oben und im Freien ohne Fenster die Aussicht genießen. Es war gut, der Daimyo zu sein.
Dass ein Umzug ansteht, erwähnte ich schon. Hier das Gefährt für den Schrein-Kami. Die Träger bzw. Schieber machen aber noch Pause.
Hier wird ein Puppenspiel vorbereitet, inkl. einem Modell dieses Gefährts.
An der Straße zur Burg und zum Schrein gab es allerlei Snacks, hier Takoyaki (Oktopusbällchen).

Es gab natürlich mehrere Schreine.

Inuyama heißt Hunde-Berg, entsprechend die Wächter am Schrein.
Und nochmal im Closeup.
An Schreinen kann man Wünsche auf Holztäfelchen schreiben. Man kann sich denken, auf was für Wünsche sich dieser Schrein spezialisiert hat.
Ein Gang aus lauter Torii.
Und einfach noch eine nette Ecke.

So, damit habe ich alle fünf Originalburgen mit „national treasure“ Status gesehen, die Japan zu bieten hat.

Mittlerweile sitzen wir im Zug nach Tokio, dem letzten Basislager unserer Reise.