28.12.2022: Tokio

Wie gesagt war ich schon ein paar mal in Tokio und habe viele der offensichtlichen Sehenswürdigkeiten (Meiji-Schrein, Shibuya, etc.) schon gesehen und/oder sehe sie im August 2023, wenn ich mit Freunden und Familie nach Japan reise. Also sehe ich mir auf dieser Reise primär Sachen an, die ich noch nicht gesehen habe und die eher ungewöhnlich oder zumindest nicht so stark von westlichen Touristen frequentiert sind.

Shibamata

Shibamata ist ein Ortsteil im Nordosten von Tokio, wo man einen Eindruck vom Tokio in den 1960er/70 Jahren bekommt, also vor dem ganz großen Wirtschaftsboom und danach Crash, der Bubble Economy der 1980er / frühen 1990er. Ältere Japaner (die Baby Boomer) assoziieren die Gegend auch mit einer Serie von japanischen Filmen über einen reisenden Händler, seine Familie und sein Pech in der Liebe: Otoko wa Tsurai yo (Es ist hart, ein Mann zu sein).

Kaum ist man aus der Bahn ausgesteigen sieht man auch schon die Statue des Hauptcharakters Tora-san…
…und seiner Schwester Sakura.

Nun kenne ich die Filme nicht und habe dementsprechend auch das Museum dazu ausgelassen, aber ich wollte es nicht unerwähnt lassen. Die Japaner haben schon lange eine sehr eigene, sehr ausgeprägte Populärkultur von den man im Westen kaum die Spitze des Eisbergs mitbekommt.

Interessanter war für mich diese sehr „old school“ Einkaufsstraße…
…die von der Bahnstation…
…zum Fluss und zum Tempel (dazu gleich mehr) führt. Die vielen geschlossenen Geschäfte vor allem auf den oberen Bildern sind der frühen Stunde und nicht dem Sterben des Einzelhandels geschuldet.
Die Einkaufsstraße führt direkt auf einen berühmten buddhistischen Tempel, den Shibamata Taishakuten zu, hier das Tor.
Das ist die Haupthalle leicht von der Seite. Die Buden dürften dem baldigen Neujahr geschuldet sein, da geht es an Schreinen und Tempeln rund.

Weitere Eindrücke vom Shibamata Taishakuten:

Entscheidender ist aber die Ausgestaltung der Wände mit unglaublich detaillierten Holzschnitzereien. Der Künstler hat auch beim Toshogu in Nikko (Tokugawa-Schrein, den ich morgen sehen werde) mitgearbeitet, der als der prächtigste Bau überhaupt in Japan gilt.

Außer dem Tempel gibt es in Shibamata noch das Yamamoto-tei, das ist das Haus eines reichen Händlers. Der Mann hielt was auf sich:

Neben eleganten japanischen Räumen…
…hatte er noch einen westlichen Salon…

Die östliche Grenze von Shibamata ist auch die östliche Grenze von Tokio:

Der Edogawa. Für japanische Verhältnisse ist das schon ein ziemlich mächtiger Fluss.

Jetzt noch was ganz, ganz Japanisches. In Japan stehen nahezu überall Getränkeautomaten, wo man zu günstigen Preisen kalte und heiße Getränke erstehen kann.

Man beachte, dass die Getränkeautomaten überdacht sind, nicht aber die sechs fassförmigen Hocker drumherum. Klar, die Automaten sind elektrisch und wetterempfindlich, die Kundschaft nicht gar so sehr.

Danach bin ich ein paar Stationen zurück gefahren nach Horikirishōbuen. In der Nähe dieser Station werden wir mutmaßlich im August wohnen. Ich habe keine blogwürdigen Fotos geschossen (ein paar Schnappschüsse habe ich Tini geschickt) aber jetzt weiß ich wie es da aussieht.

Ueno

Dann bin ich mit derselben Bahn nach Ueno. Das ist ein Stadtzentrum im Nordosten von Tokio wo ich schon öfter war und das ich auch als logistische Zentrum für Bahnfahrten benutze. Hier war ich beim Sightseeing weitgehend Wiederholungstäter.

Shitamachi Museum

Erster Stopp war das Shitamachi Museum: ein sehr kleines und schönes Museum, das die „Unterstadt“ (Shitamachi) von Tokio, das meint letztlich den Ostteil der Stadt, in der Taisho und frühen Showa-Ära (ca. 1912 bis in die 1950er Jahre) zum Leben erweckt. Da war ich 2014 schon mal aber die schließen ab April 2023 für längere Zeit, drum wollte ich Fotos für die machen, die es im August notgedrungen verpassen werden.

Ueno Park

Wenn man aus dem Shitamachi Museum rauskommt steht man auch schon im Ueno Park, einem der größten öffentlichen Parks von Tokio.

Hier der Shinobazuno-Teich mit buddhistischem Tempel vor urbaner Kulisse.
Im Park blühen die Kamelien. Außerdem ist ab Neujahr sogar ein Festival mit Zugang zu besonderen Pfingstrosen-Gärten. Werde ich mir evtl. ansehen.
Dieses Ding wird als „Monster-Laterne“ bezeichnet. Leider nicht eine Laterne in Form von Godzilla, sondern nur eine besonders große japanische Laterne.

Ueno Tosho-gu

Dann war ich im Ueno Tosho-gu. Das ist ein Schrein für den ersten Shogun, Tokugawa Ieyasu (wahrscheinlich die wichtigste Person der japanischen Geschichte). Erbaut 1627, gar nicht so lange nach Ieyasus Tod 1616. Auch hier war ich 2014 schon mal. Aber da ich morgen nach Nikko, dem eigentlichen Mausoleum von Ieyasu fahre wollte ich die Troika komplett machen: gestern Grab des letzten Shogun Tokugawa Yoshinobu, heute Schrein für Tokugawa Ieyasu in Ueno, morgen dann Mausoleum (und Schrein) von Tokugawa Ieyasu in Nikko. Übrigens: der letzte Shogun Tokugawa Yoshinobu wird in dem Schrein in Ueno gleich mitverehrt.

Von Laternen gesäumte Allee zum Schrein.
Der Honden, das Hauptgebäude des Schreines. Zumindest die frühen Tokugawas mochten es lieber chinesisch-prunkvoll als zen-minimalistisch. Das wird morgen in Nikko noch deutlicher.
Und viele, viele große Kupferlaternern mochten die frühen Shogune wohl auch.
Diese Pagode gehörte ursprünglich auch zum Tosho-Gu…

…nun ist eine Pagode aber eigentlich buddhistisch, nicht shintoistisch und passt somit nicht zum Schrein. In der Shogunatszeit kam man mit solchen Vermischungen durch, aber nach dem Absetzen des letzten Shoguns wurden Buddhismus und Shintoismus strikter getrennt. (Mutmaßlich um die Autorität des Kaisers, des Shinto-Oberhaupts, zu stärken). Damit die Pagode nicht zerstört wurde schlug man sie kurzerhand einem anderen buddhistischen Tempel zu.

Ueno Zoo

Ebenfalls im Ueno Park ist ein Zoo, der älteste von Japan. Ich bin nicht der größte Zoo-Fan aber ich war hier wegen zwei Dingen.

Zum einen wollte ich einen Skandal dokumentieren. Die Japaner haben sich närrischerweise völlig von chinesischen Pandas abhängig gemacht. Die überaus meisten Pandas kommen aus China, die heimische Pandaproduktion in Japan ist völlig unzureichend, trotz der Geburt zweier Jungtiere 2021.

Entsprechend stellen sich die Japaner eine gute Stunde an, um die Pandas zu sehen.

Nun stelle man sich mal vor, die Volksrepublik China greift Taiwan an, was den Japanern gar nicht schmecken würde. Aber was wollen sie tun? Wenn China den Panda-Zufluss abdreht hat Japan viel zu wenige Pandas. Die Wartezeiten werden aufs doppelte oder dreifach anschnellen. Dagegen wird die Regierung nicht viel tun können, denn auch Notstandsgesetze erschaffen keine zusätzlichen Pandas.

Rote Pandas gibt es mehr, aber die sind einfach nicht niedlich genug, um die Lücke zu füllen.
Und Nacktmulle sind bestimmt kein Ersatz. Man könnte zwar eine Weile behaupten, das seinen winzige-Pandababies, aber nach ein paar Wochen fliegt der Betrug doch auf!

Da hätte die ewige Regierungspartei LDP mal früher handeln müssen. Aber nein, es war soviel einfach und billiger, die chinesischen Pandas zu importieren. Nur wenn es jetzt zum Krieg um Taiwan kommt ist Japan in der Zwickmühle: sie könnten es sich kaum leisten, China mit Sanktionen zu belegen denn sonst rastet die japanische Bevölkerung wegen Pandamangel aus! Warum nur sind Politiker immer so kurzsichtig!

Mein anderes Anliegen im Zoo war es, japanische Riesenflughörnchen zu finden, die ich auf dem Takao-san ja nicht sehen konnte. Leider habe ich sie auch im Ueno-Zoo nicht gefunden, obwohl es sie da eigentlich geben müsste.

So ein Okinawa-Flughund ist leider kein Riesenflughörnchen.
Und dieses Hörnchen ist zwar ziemlich groß, aber es kann nicht fliegen bzw. gleiten.

Aber immerhin: ich habe das Zwergflughörnchen (Momonga) gefunden. Das Biest war sauschwer zu fotografieren. Nicht nur lebt es im Dunkeln und man kann nur ohne Blitz und Fokuslicht fotografieren, sondern es flitzt auch wie irre durch sein Gehege. Nur mit Mühe konnte ich zwei einigermaßen akzeptable Bilder schießen.

Aber niedlich sind sie schon…
…die kleinen Biester. Vielleicht können die bei akutem Pandamangel aushelfen.

Tokyo Sakura Tram

Zu guter Letzt noch was ganz Nerdiges: vor den U-Bahnen, JR und der Yamanote-Linie, in den ersten zwei Dritteln des 20. Jahrhunderts, wurde der ÖPNV in Tokio von Trambahnen beherrscht. Aber heute sind alle weg. Wirklich alle? Nein, eine letzte Tramlinie, die Toden Arakawa Line (besser bekannt als Tokyo Sakura Tram) harrt aus und verbindet bis heute Arakawa (der Stadtteil von Tokio wo mein Hotel ist) im Nordosten mit Waseda im Südwesten. Quasi einmal halb um Tokio rum, aber ein bisschen weiter draußen als die moderne Ringlinie Yamanote.

Die meisten der eingesetzten Fahrzeuge sind recht modern…
…aber es gibt auch noch ältere, nostalgische Fahrzeuge.

Bei der von mir dafür genutzten Haltestelle habe ich dann auch Ramen-Nudeln zu Mittag gegessen. Ganz klassisch: Ticket am Automaten ziehen (der keine englische Beschriftung hatte, also musst der Google-Übersetzer ran) und dann am Tresen essen während um einen herum die anderen Gäste enthusiastisch ihr Essen schlürfen (in diesem Falle mehrere männliche Schüler mit offensichtlich Mordshunger, die haben zusätzlich zu den großen Ramenportionen noch Reis gegessen und diesen mit kostenlosem Knoblauch und eingelegten Gurken gepimpt.)

Mir haben die leckeren Miso-Ramen mehr als ausgereicht!

Morgen dann geht es wie nun schon mehrfach angedroht nach Nikko zum Shogun Mausoleum und anderen Sehenswürdigkeiten. Der erste Teil der Fahrt mit dem Shinkansen!

3 Gedanken zu „28.12.2022: Tokio“

  1. Finde mal wieder nicht die direkte Kommentarfunktion, aber so geht es ja auch.
    Wenn sie auch nicht perfekt sind, so habe ich mich über die Hörnchenbilder gefreut.
    Ich bin auch froh, dass dein Wetter besser ist als im Norden Japans!
    Bin gespannt, Doro

    1. Du musst einmal auf die Überschrift des Beitrags klicken und den Beitrag so einzeln aufrufen. Dann kommt unten die Kommentar Funktion

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