Das letzte große Natur-Ziel meiner Reise ist der Rocky Mountain Nationalpark. Den hatte ich mir durchaus absichtlich ans Ende der Parkliste gesetzt, denn es ist wohl eins der Kronjuwelen. Der Park ist in zwei Teile geteilt, einen westlichen (das Kawuneeche Valley) und einen östlichen. Dazwischen ist die Trail Ridge Road, wohl eine der spektakulärsten Bergstraßen in Amerika – die mache ich morgen.
Heute also mehrere kurze Wanderungen im Westteil mit vielen schönen Ausblicken:
Meine Unterkunft heute Nacht ist die Grand Lake Lodge, ebenfalls aus dieser Zeit mit Blockhütten, allerdings angenehm modernisiert. Und unmittelbar am Eingang zum Nationalpark gelegen. Grand Lake ist auch der Name des nahe liegenden Ortes.
Morgen geht es weiter über die Trail Ridge Road nach Estes im Osten des Parks.
Zunächst ein Nachtrag von gestern, ich bin da nochmal gegen Sonnenuntergang mit der Kamera unterwegs gewesen:
Heute morgen dann also über die Trail Ridge Road in den Ostteil des Parks, hier das Video:
Und nun einige Ausblicke von der Strecke aus. Der Pass wird ca. 3600 Meter hoch.
Als ich dann auf der östlichen Seite des Parks war, war es auch schon ca. 10.30 Uhr und die Besucher strömten hinein. Aus irgendwelchen Gründen sind dem gesamten Nationalpark die schönen Farbbroschüren mit Karte ausgegangen (wer schon mal in einen US Nationalpark war, weiß, wovon ich rede), drum hat mir der Ranger im Besucherzentrum die schönen Stellen und für mich machbaren Wege (ich mache keine Wanderungen mit 10km einfacher Strecke und dann wieder zurück, von denen es hier zuhauf gibt) auf einfachen Papierkarten gekennzeichnet. Passt auch.
Morgen heißt es dann nochmal richtig früh aufstehen, denn ich will zum Bear Lake, und da ist der Parkplatz schon ab 7 Uhr voll. Selbst der Park & Ride Parkplatz mit Shuttle ist ab 9.30 Uhr dicht. Also lieber selber fahren und auf einen schönen Sonnenaufgang hoffen.
…muss fühlen. Aber röhren wollen sie schon, die „elk“, besser Wapiti-Hirsche (damit man sie nicht mit Elchen verwechselt). Nur klingt das Röhren eher wie die Schreie aufgeregter Teenager-Mädchen. Irgendwie seltsam, wenn ein Riesenhirsch solche Geräusche macht.
Jedenfalls ist Wapiti-Brunftzeit im Nationalpark. Pünktlich um 18 Uhr kamen die Tiere dann auch zu ihrem Wasserloch. Dort spielte sich dann folgendes Drama ab:
„The Rocky Mountain Colorado High“… Der Folk-Rock Sänger John Denver sah nicht die Legalisierung von Marijuana in Colorado voraus, sondern sang von der Schönheit der Berge. Durchaus nachvollziehbar, 1985 musste er trotzdem einem Kongressausschuss versichern, dass es nicht um Drogen ging. Aber damals galt ja auch Rockmusik und Fantasy-Rollenspiel als jugendgefährdend…
Ich jedenfalls bin heute in aller Frühe zum Bear Lake Trailhead gefahren (um 6 Uhr war ich da, und definitiv nicht als erster) und habe eine Wanderung zu den drei Seen Nymph Lake, Dream Lake und Emerald Lake gemacht. 3km einfache Strecke, 200 Höhenmeter. Klingt nach nicht viel, aber wenn die Wanderung schon bei gut 3000 Metern losgeht (also höher als die Zugspitze) und der Wanderer nicht zu den Fittesten gehört, dann ist das schon ganz ordentlich.
Gelohnt hat es sich trotzdem, zumal ich den Weg zwar nicht für mich alleine hatte, um die Uhrzeit aber wirklich nur eine Handvoll Wanderer schon unterwegs waren. Beim Abstieg kamen mir dann doch schon recht viele entgegen.
Warum nun heißt nun die ganze Gegend Bear Lake? Den gibt es natürlich auch noch und man kann ihn direkt beim Trailhead umrunden, er ist sogar rollstuhltauglich, kräftigen Schieber vorausgesetzt. Den Spaziergang habe ich dann nach dem Abstieg quasi zum Verschnaufen gemacht.
Aller guten Dinge sind fünf, also auch Seen. Zu guter Letzt habe ich noch den Sprague Lake umrundet, auch ein eher entspannter Spaziergang.
Überhaupt wurden die Nationalparks und andere Naturwunder in Colorado früher sehr viel unmittelbarer kommerziell genutzt, d.h. mehr Hotels und Ranches direkt im Gelände. Damals gab es aber auch nur einen Bruchteil der Besucher von heute. Seit den 1970ern hingegen baut der National Park Service möglichst viele Gebäude zurück und versetzt die Parks wieder in einen ursprünglicheren Zustand. Im Rocky Mountain NP fast vollständig, anderswo gibt es durchaus noch Hotels in den Parks, aber meistens sehr teuer und von einem vertrauenswürdigen Lizenznehmer des NPS geführt.
So, damit habe ich zwar nicht alle Naturschönheiten von Colorado (und erst recht nicht alle von Utah) abgeklappert, aber doch schon viele. Hiermit endet der Naturteil meines Urlaubs, für die letzten paar Tage bekommt die Zivilisation mich wieder. Morgen mache ich eine Walking Tour von Boulder und danach habe ich noch zwei Tage in Denver, bevor es wieder nach Hause geht.
Heute habe ich die Berge verlassen und eine der Städte Colorados besichtigt: Boulder. Mit ca. 100.000 Einwohnern, davon ca. 30.000 Studenten viel kleiner als Denver, aber durchaus bekannt: laut diversen Umfragen ist es die „glücklichste“, „gebildetste“ und „am schlechten angezogenste“ Stadt der USA. Letzteres kann ich bestätigen: mit meinen Outdoor-Klamotten war ich definitiv overdressed. Yogahosen und Shorts sind die Norm, ich habe keinen einzigen Menschen im Anzug gesehen – gut, ich war auch nicht in einer Bank.
Boulder hat soviele Arbeitsplätze wie Einwohner und gleichzeitig eine stringente Städteplanung mit doppelter Höhenbegrenzung: kein Haus über 16,50 Meter und keine Bebauung mehr als 60 Meter über dem Tiefpunkt der Stadt. Beides beschützt die sehr schöne Aussicht auf die Berge, aber es führt auch zu Immobilienpreisen knapp unter denen von Manhattan, was wiederum das ein oder andere soziale Problem mit sich bringt.
Die Städteplanung ist seit jeher ein wichtiger Bestandteil Boulders, schon die Gründer beschlossen 1859 die wichtigsten Aspekte davon. Deswegen hat Boulder auch eine kompakte und sehr schmucke Innenstadt mit vielen „alten“ Gebäuden – wobei alt hier natürlich ein sehr relativer Begriff ist.
Das mit dem stadteigenen Gletscher stimmt, wobei er heute nur noch einen Bruchteil der Wasserversorgung sichert. Aber die Stadt Boulder kauft seit jeher möglichst viel Land um sich herum auf. Nicht um es zu bebauen, sondern um eine Bebauung zu verhindern. Boulder ist von sog. „open spaces“ – quasi dem hauseigenen Nationalpark umgeben, alles im städtischen Besitz.
Das Wasser war übrigens wichtig im Hotel, denn es konnte erst 1969 die erste Alkoholausschanklizenz des Landkreises erwerben. Mancherorts hielt die Prohibition eben etwas länger. Dafür wurde weniger als 50 Jahr später das Marijuana legalisiert…
Nachdem es wenig Holz in der Umgebung gab wurde in Stein und Ziegel gebaut. Dadurch sind viele ältere Gebäude erhalten:
Boulder selber wurde während eines Goldrauschs gegründet. Zunächst liefen auch die Beziehungen mit den örtlichen Indianern, den Arapaho gut, vor allem dank dieses Herrn:
Während des Bürgerkriegs eskaliert die Lage dann aber: mehrere andere Indianer nutzten die Abwesenheit der Armee, um Siedler anzugreifen. Daraufhin rotteten sich Siedler aus mehreren Gegenden Colorados zusammen und machten ein Lager von friedlichen Indianer-Zivilisten nieder, darunter auch Niwot. Das sog. Sand Creek Massaker von 1864 wurde sogar damals schon von der weißen Öffentlichkeit, inklusive Präsident Lincoln, offiziell verurteilt. Half aber nix, die Arapaho wurden in Reservate vor allem in Oklahoma verdrängt. Die Stadt Boulder heute wiederum versucht das Vermächtnis der Ureinwohner wenigstens ins öffentliche Gedächtnis zu rufen.
Übrigens: zum Ort des Sand Creek Massakers im Südosten des Staates wollte ich ursprünglich auch, aber das ist echt am Ende der Welt und die Gedenkstätte ist nicht mal am eigentlichen Ort des Gemetzes, weil es den Nachkommen der Opfer zu heilig ist. Das war mir zuviel Akt, ich war in Little Bighorn, das muss reichen.
Übrigens: ich habe Boulder mit einer Walking Tour, geleitet von einem örtlichen Heimathistoriker erkundet. Wir waren nur drei Teilnehmer, das war eine prima Sache.
Nach Boulder war ich noch in einem geheimen Guerilla-Forschungsinstitut ganz in der Nähe: dem National Center for Atmospheric Research (NCAR).
Wahrscheinlich können die Forscher nur aufgrund ihrer isolierten Lage weitermachen, die Regierung bemerkt sie wohl einfach nicht. Und die Lage ist wirklich isoliert und schön:
Mittlerweile sitzt ich in meiner riesigen Ferienwohnung in Denver, wo sich erstmals in diesem Urlaub das Wetter verschlechtert hat, mit Gewitter und allem. Hoffentlich ist es morgen besser, denn da plane ich eine Walking Tour der Innenstadt und danach eine Food Tour!
Um es gleich vorweg zu nehmen: Boulder ist schöner als Denver, aber es hat eben auch nicht die gleiche Größe (Boulder 100.000, Denver 650.000) und nicht dieselben Aufgaben wie Denver (Staatshauptstadt, Wirtschaftszentrum). Grundsätzlich gilt für Denver aber viel Ähnliches: es gibt viele Jobs, es ziehen viele Leute her, gleichzeitig versucht man mit Stadtplanung und progressiver Politik der Entwicklung Herr zu werden. Auch Denver hat eine kompakte Innenstadt, und auch wenn es weniger alte Häuser gibt sind es dafür doch mehr herausragende Bauten. Die Restaurantszene ist noch größer und wächst wie irre (angeblich kamen letzten Monat über 200 neue dazu).
Ach ja: „Oktoberfest“ ist natürlich auch, wenngleich das halt so ein typisches US-Bierfest ist. Interessanter wäre das Great American Beer Festival, eine Art Publikumsmesse von hunderten US-Brauereien, aber das ist a) ausgebucht und wäre mir b) auch zu teuer – leckere Microbrews kann ich auch so verkosten.
Jedenfalls habe ich heute gleich zwei Walking Tours gemacht: eine Stadtbesichtigung und eine Food Tour. Fangen wir mit der Stadtbesichtigung an:
Manche der Wahrzeichen sind erheblich moderner:
Nach dem 2. Weltkrieg kam das Bahnfahren außer Mode und das Bahnhofsviertel verfiel. Erst in den letzten Jahren wurde hier heftigst gentrifiziert und der Bahnhof mit Hotel und Restaurants wiederbelebt.
Zweiter Programmpunkt war eine Food Tour. Das mache ich mittlerweile eigentlich immer, wenn ich eine größere Stadt bereise. Man zieht mit Führer durch 6-8 Restaurants und Lokale und kriegt überall Kostproben. Hinterher ist man satt und bestens informiert. Hier nur die Bilder von den Speisen:
Nach zwei Walking Tours bin ich hundemüde. Wahrscheinlich mache ich morgen nichts allzu intensives mehr, aber mal sehen, welche Laune mich noch überkommt.
Letzter Urlaubstag vor der Rückreise – heute habe ich kein intensives Programm mehr gemacht. Vielmehr habe ich ein paar Craft-Biere getestet und noch bei zwei der Lokale von der Food Tour gestern mehr verkostet.
Zunächst noch ein Nachtrag von gestern:
So, nun aber zu den Bildern von heute.
Ich hatte das Velvet Yeti Nitro, ähnlich einem Guiness, aber nicht so dunkel, das Workers Fate Extra Special Bitter, ein eher britisch anmutendes Bitter eben und das Strawberry Rhubarb Sour, wahrscheinlich ein spontangäriges, sehr fruchtiges Bier ähnlich einem belgischen Fruchtlambic. Glücklicherweise gab es die in Probiergläsern von ca. 0,1l.
Eins muss man klar sagen: das deutsche bzw. bayerische „Reinheitsgebot“ ist Quatsch. Es war nie ein Verbrauchersschutzgesetz und es schränkt die Brauer arg ein. Man kann ein köstliches Bier ohne Reinheitsgebot und ein grässliches gemäß dem Reinheitsgebot brauen.
Links oben die besten russischen Eier, die ich je gegessen haben. Dann im Uhrzeigersinn: ein mini-Donut mit Käsefüllung und Ahornsauce, der schon bekannte ausgelöste Schweinekopf als paniertes Bällchen und links unten, auf 7 Uhr, das was man in anderen Lokalen als „Praerie Oysters“ angepriesen bekommt, hier heißen sie schlicht „Buffalo’s Balls“ – Büffelhoden also. Sehr lecker! In der Mitte kalte dünne Scheiben vom Rinderherz auf Cracker. Alles sehr fein.
Und weil es gerade in der Nähe war bin ich noch kurz übers Denver-Oktoberfest gestreift. Es war am frühen Nachmittag noch nicht viel los, auch wenn die Blaskappelle mit viel Enthusiasmus „Edelweiss“ und „Die lustigen Holzhackerbuam“ spielte. Ich denke, die Bilder sprechen für sich:
So, morgen heißt es dann packen, zum Flughafen fahren und ab nach Hause. Ich melde mich nochmal, wenn ich angekommen bin.
Nach 8,5 Stunden Flug bin ich müde, aber wohlbehalten wieder zu Hause. Vom Touchdown bis zur Wohnung 1 Stunde, 20 Minuten – aber da war auch ein Taxi involviert, nach Interkontinentalflügen bin ich meist zu fertig für den ÖPNV.
Damit schließe ich den Blog. Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Mal!