Rejkjavik

Busted flat in Reykjavik, waiting for the planes…

Mein Flieger von München nach Rejkjavik war leider so heftig verspätet, dass ich meinen Anschluss nach New York nicht erreichen konnte. Jetzt hänge ich über Nacht in Rejkjavik fest.

Ist leider nicht so abenteuerlich, wie es klingt. Das Wetter ist schlecht und die Busfahrt zum Hotel dauerte über eine Stunde.

Zumindest bewährt sich das Upgrade auf die Business Class, dass ich per Versteigerung „gewonnen“ habe. So wurde ich in einem 4 Sterne Hilton untergebracht und ein 5 Gänge Menü ist auch inbegriffen. Aber letztlich kostet mich das einen Urlaubstag. Immerhin konnte ich meine Hotelbuchung in New York noch anpassen.

Im Restaurant ist nicht allzu viel los. Dafür ist die Bar brechend voll. Anscheinend feiert Island den 30. Jahrestag der Legalisierung von Bier(!)

Angeblich soll auch das Frühstücksbuffet sehr gut sein, wir werden sehen. Jetzt erstmal ins Bett und von New York träumen.

Flughafen Kevlavik

Nachdem ich nun den Flughafen Kevlafik besser kennen gelernt habe, als geplant: die Business Class Lounge dort ist fein. Essen, Getränke inkl. open alles inklusive.

Nette Aussicht…

… und bequeme Sessel.

Übrigens: in Keflavik gilt nicht exit through the gift shop, es gilt exit through the duty free shop – man muss da buchstäblich durch. Und ich hatte auch den Eindruck, dass sich die Einheimischen da auch immer mit Alkohol eindecken – macht Sinn angesichts der hiesigen Preise.

Jetzt geht es dann aber gleich weiter nach New York.

2. März 2019 – Top of the Rock

Nach all den Verzögerungen bei der Anreise habe ich dann doch noch einen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt: noch nie bin ich so schnell durch die Immigration gekommen. Ich war als einer der ersten aus dem Flugzeug und habe nur Handgepäck. Bei der Einreisekontrolle musste ich kurz warten, bis überhaupt Schalter öffneten – Schlange gab es keine. Auch keine Formulare mehr, keine Computerkioske wo man elektronische Formulare ausfüllt, nix. Selbst der Einreisebeamte hat nur kurz den Pass gescannt und ein Bild gemacht (und mutmaßlich hat der Computer das dann mit den biometrischen Informationen im Pass abgeglichen). Nicht mal mehr Fingerabdrücke wurden mehr genommen. Zollkontrolle gab es keine – fühlte sich an wie ein Inlandsflug. Langer Rede, kurzer Sinn: innerhalb von weniger 20 Minuten nach dem Touchdown war ich draußen, und die meisten dieser 20 Minuten lagen daran, dass das Flugzeug zum Liegeplatz geschleppt werden musste (in JFK ist wenig Platz, da dürfen die Flugzeuge nahe an des Gates nicht mehr selber fahren). Irgendwas haben die Amis da ganz mächtig streamlined, denn government shutdown ist ja nicht mehr.

Auch ein Taxi war schnell gefunden und innerhalbt von 70 Minuten nach dem Touchdown war ich in meinem Hotel. Das liegt übrigens in Midtown Manhattan, ganz in der Nähe vom Times Square und ein kleines Stück südlich von Central Park.

So konnte ich mir noch was zu Essen besorgen und ein paar Einkäufe machen, vor allem aber noch meine Eintrittskarte für das Rockefeller Center („The Rock“) nutzen, was keine 10 Minuten zu Fuß von meinem Hotel liegt. Dort, auf der Aussichtsplattform „Top of the Rock“ konnte ich diese Fotos schießen:

Blick nach Süden…
…nach Norden (der dunkle Streifen in der Mitte, der sich ein gutes Stück nach hinten zieht, ist den Central Park…
…und nach Westen (im Hintergund der Hudson River).

Nach Osten war schlecht zu fotografieren, da gab es aber auch nicht viel zu sehen. Hier noch ein paar Eindrücke:

Und zu guter Letzt noch die brennende Frage:

Wo ist der große Affe?

Dann hat aber doch der Jetlag zugeschlagen. Morgen geht es nach Brooklyn!

3. März 2019 – Brooklyn

Zum Einklang erstmal ein paar Bilder vom Grand Central Terminal, dem Hauptbahnhof in New York. Dort bin ich heute erstmals in die U-Bahn gestiegen um nach Südmanhattan zu fahren.

We come from Brooklyn! Ok, ich bin kein Leningrad Cowboy, und der Führer meiner ersten Walking Tour heute auch nicht, aber der kam definitiv aus Brooklyn, redete wie ein Wasserfall und klang, naja, wie ein Mafioso. Ich hab’s ganz gut verstanden aber einigen Mitreisenden dürfte es schwerer gefallen sein. Er war außerdem ein absoluter Lokalpatriot, der von Manhattan gar nichts hält und Brooklyn für die beste Stadt Amerikas. Er hält es mit Truman Capote: „I live in Brooklyn. By choice.“

Angefangen hat die Tour trotzdem in Manhattan und zwar beim Rathaus, denn ziemlich genau da geht die Brooklyn Bridge los.

Zusammen mit unserem Führer sind wir dann alle über die Brooklyn Bridge marschiert. Wichtigste“r“ Erbaue“r“ war übrigens eine Frau: Emily Warren Roebling. Ihr Schwiegervater war der Initiator der Projekts, starb aber in den ersten Tagen des Baus. Ihr Mann, sein Nachfolger, hatte einen schweren Unfall und konnte den Bau nur von seinem Krankenbett per Fernglas verfolgen. Vor Ort war Emily, sie wird auch auf der Brücke als erste genannt.

Auf der anderen Seite sind wir dann durch Brooklyn Heights gelaufen. Das ist das unglaublich teure Viertel auf der anderen Seite des Flusses, ursprünglich erbaut von reichen Händlern aus Neuengland. Nach dem Krieg lebten hier quasi alle wichtigen Schriftsteller: Norman Mailer, Truman Capote, Arthus Miller (mit Marilyn Monroe), etc. Dabei sehen die Häuser gar nicht zu spektakulär aus, sie stehen alle unter Denkmalschutz. Aber unter substantiellen zweistelligen Millionenbeträgen geht hier nix – für eine Wohnung, wohlgemerkt.

Der Charme der Gegend liegt natürlich in den Aussichten:

Danach waren wir noch in DUMBO, was für „Down under the Manhattan Bridge Overpass“ steht. Einst eine total runtergekommene postindustrielle Gegend, dann wurde sie hip, dann wurde sie reich.

So sieht es da aus. Wer genau hinschaut kann durch die Pfeiler der Brücke das Empire State Building sehen.

Das Ganze waren ca. 3,5h Fußmarsch. Und danach habe ich mir noch eine weitere Tour gegeben, nämlich durch Bushwick. Das ist so ziemlich das Gegenteil von Brooklyn Heights, aber ebenfalls Teil von Brooklyn. Man sollte hier meinen, alte Männer würden um brennende Mülltonnen herumstehen und Gangster sich gegenseitig und ihre Nachbarn abknallen, aber selbst hier hat sich New York total beruhigt und stabilisiert. Von Gentrifizierung kann man hier aber nur im Sinne des Anfangs eines solchen Prozesses reden: alles voller Künstler, die die postindustrielle Gegend für ihre Zwecke nutzen.

Sinn und Zweck der Tour war die Street Art. D.h. Graffiti, also „Schriften“ von Spühkünstlern, meistens ihr Name oder andere Aussagen. Davon gibt es hier sehr viele: in manchen Fällen illegal, aber geduldet und in anderen legal in Absprache mit dem Besitzer:

Und außer den Graffiti gibt es noch jede Menge Murals, also Wandgemälde. Quasi alle legal, denn dafür braucht es mehr Zeit, das geht nicht in Nacht und Nebel.

Dieser Künstler möge bitte auch meine Garagentür verzieren.
Zu guter Letzt: „Trumpty Dumpty“ von Ron English. Die Farbbeutelwürfe sind nicht Teil des ursprünglichen Werks.

Das waren dann insgesamt gut sechs Stunden walking tour und ich entsprechend fertig. Morgen geht es nach Ellis Island!

4. März 2019 – Ellis Island

Nach dem gestrigen „Marathon“ habe ich es heute etwas ruhiger angehen lassen und bin „nur“ zu einem Ziel gefahren, bzw. zwei in einem: Ellis Island und die Freiheitsstatue. Dahin kommt man nur mit einer speziellen Fähre, die ich bereits im Voraus gebucht habe. Gerade der erste Stopp der Fähre, Liberty Island mit der Freiheitsstatue, ist ein sehr begehrtes Touristenziel. Entsprechend war das Schiff für Anfang März ziemlich voll, im Sommer geht es da sicher noch viel mehr zu.

Früher waren die Einwanderer, die nach New York kamen, oft hungrig. Dieser Einheimische hier wahrscheinlich auch.

Ich habe mich bei der Freiheitsstatue darauf beschränkt es zu machen, wie die Einwanderer: ich habe sie mir vom Wasser angesehen. Denn ehrlich gesagt: auf der Insel selbst verrenkt man sich nur den Kopf beim Hochschauen und zum Kopf hochzuklettern ist angeblich überbewertet.

Aber hübsch ist sie schon…
…die Lady Liberty.

Nun war die Freiheitsstatue nun eigentlich ein Geschenk, dass die 100 Jahre der amerikanischen Unabhängigkeit zelebrieren soll, doch schnell wurde sie mit dem „American Dream“ der Millionen Einwanderer im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert verbunden. Nicht zuletzt wegen Emma Lazarus Gedicht „The New Colossus“, das 1903 dort angebracht wurde, das mit den „huddled masses yearning to breathe free“.

Vor allem hat das auch mit Ellis Island zu tun, wo zwischen 1892 und 1954 gut drei Viertel der zweiten großen Einwanderungswelle der US-Geschichte abgefertigt wurden. Das erste Gebäude aus Holz brannte nach fünf Jahren ab, danach baute man dauerhafter in Stahl und Stein.

Ellis Island noch ein Stück weit weg…
…ganz nah…
…und von der anderen Seite. Wie man sieht, hat es gestern nochmal ein bisschen geschneit.
Das hier ist ein Gebäude auf der anderen Hälfte der (weitgehend künstlichen) Insel, ein Krankenhaus. Dahinter ist nochmal eins für ansteckende Krankheiten. Beide sind ziemliche Ruinen und man kommt nur mit speziellen Touren rein.
Drinnen sieht die große Halle im ersten Stock so aus. Zu Betriebszeiten war die Halle natürlich nie leer.

Zu Betriebszeiten war es da natürlich nie leer. In der ersten Zeit waren da so eine Art Pferche, später ganz lange Bänke, wo die Einwanderer auf die Abfertigung warten musste. Letztlich aber gar nicht so viel anders, als wenn man heute an einem Flughafen durch die Immigration muss (außer natürlich bei der wundersamen Turbo-Abfertigung vom Samstag, die ich immer noch kaum glauben kann).

Die große Halle ist im ersten Stock. Diese oder eine ähnliche Treppe musste man zunächst erklimmen.

Es war durchaus Absicht, dass die Einwanderer dabei außer Atem gerieten, denn das war Teil eines 60-Sekunden Gesundsheitschecks. Denn wer hier ins Husten oder Keuchen geriet durfte sich auf eingehendere Untersuchungen gefasst machen. Herz- und Lungenkranke waren nämlich unerwünscht (ebenso wie Chinesen, Prostituierte und Geistig Behinderte und ja, das waren ziemlich diskriminierende Zeiten). Aber die allermeisten (90%) hatten keine großen Probleme, denn die Schiffahrtsgesellschaften in Bremen, Hamburg, Liverpool, Neapel, etc. checkten die Migranten schon vor der Abfahrt auf Herz und Nieren. Warum? Sie mussten abgelehnte Einwanderer auf ihre Kosten wieder zurückfahren, später kamen heftige Strafen dazu.

Aus demselben Grund sind die Stories über willkürlich anglisierte Namen in Ellis Island auch Legenden: die richtigen Namen wurden bereits von den Schiffslinien erfasst, in Ellis Island hatten die Beamten genaue Listen, wer da eigentlich ankam.

Was man damals aber noch nicht brauchte, war ein Einreisevisum. Das wurde erst mit der Ära der extrem restriktiven Einwanderung von 1924/27-65 relevant und machte Ellis Island überflüssig.

Kranke wurden erst im Hospital behandelt und nur zurück geschickt, falls die Krankheit unheilbar war, wie z.B. Tuberkulose.

Und manche mussten länger in Ellis Island bleiben, weil Ihre Einreise in Frage stand, z.B. weil sie in Verdacht waren, eines der (damals wenigen) Einreisegesetze zu verletzen.

Solche Leute mussten dann im dritten Stock in Sammelunterkünften leben, oft mehrere Tage lang. Das war unkomfortabel, wie man sieht, aber auch nicht schlimmer als auf den Schiffen, dafür ohne Seegang.
In Zweifelsfällen musste ein Komitee von Einwanderungsbeamten entscheiden, ganz wie in heutigen Asylverfahren (nur dass man kein Asyl brauchte, sondern nur Gesundheits- und Rechtsvorschriften erfüllen musste).

Von Ellis Island sieht man gut Manhattan. Damals waren die Wolkenkratzer noch nicht so hoch, doch viele Einwanderer schrieben später von dem beeindruckenden Anblick.
Nochmal Manhattan, gegen Mittag wurde das Wetter schöner. Das größte Gebäude ist das neue One World Trade Center.
Die Mündung des Hudson River. Rechts Manhattan, links New Jersey.

Auf dem Rückweg bin ich noch am Times Square vorbei, der ganz in der Nähe meines Hotels liegt. Da geht es zu wie im Taubenschlag, hauptsächlich Touris und verkleidete Gestalten, die sich für Geld mit den Touris ablichten lassen. Da gehe ich höchstens nochmal hin, wenn ich Theaterkarten auftreiben will. Aber ein paar Fotos braucht es schon, wenn auch der Computer für die Perspektivenkorrektur heftig rechnen musste.

Letztlich ist das alles ähnlich wie die große Kreuzung in Shibuya, Tokio.
Nur weniger Leute…
…und noch größere Leuchtreklamen.

Heute Abend gönnte ich mir noch ein richtig fettes Steak Dinner mit allem drum und dran in einem New Yorker Steakhaus. Das macht man allein schon wegen des Preises nicht oft, aber lecker ist es schon.

Vorspeise: Shrimp Cocktail und Austern.
Hauptattraktraktion: New York Strip Steak (letztlich aus dem Roastbeef, aber etwas anders geschnitten) innen medium rare und außen kross gegrillt. Dahinter eine gegrillte Knoblauchknolle. Allein schon weil Trump seine Steak well done isst, weiss man, dass er nichts taugt.
Als Beilagen Mashed Potato und Creamed Corn. Alles sehr fein.

Morgen wieder Walking Tour, diesmal die große 6-Stunden Tour durch den südlichen Teil von Manhattan, Anfang in der Wall Street.

5. März 2019 – Lower Manhattan

Heute war dann tatsächlich das südliche Manhattan, also der älteste Teil der Stadt, an der Reihe. Wobei „älteste“ sich nur darauf bezieht, dass hier schon die Holländer siedelten, als New York noch New Amsterdam war. Es bedeutet nicht, dass die Gebäude besonders alt wären. Denn tatsächlich sind viele Viertel einem enormen und rapiden Wandel unterworfen.

Das Ganze habe ich wieder per Walking Tour gemacht, diesmal ein knapp siebenstündiges Ganztagesprogramm (mit Pausen und U-Bahnfahrten). Diese Touren sind für mich der beste Weg, eine Stadt kennen zu lernen, denn die Guides sind in Sachen Lokalgeschichte und schlicht Ortskenntnis immer viel besser als ein Reiseführer. Und die große Einordnung in die Geschichte – wo die Guides tendenziell eher schwächeln – kann ich selber vornehmen, schließlich bin ich vom Fach 🙂

Nun zum Wandel. Nehmen wir die Wall Street. Da ist die Börse, richtig? Ist sie, aber das Börsenparkett ist für den heutigen Aktienhandeln nahezu irrelevant. Und die Banken? Sind zum großen Teil umgezogen. D.h. der sog. „Financial District“ hat nicht mehr viel mit der Finanzbranche zu tun – statt dessen wird es zu einer (sauteuren) Wohngegend! Das heißt, die historische Funktion dieses südlichsten Teils von Manhattan dient heute eher dazu, als Flair für Luxusapartments zu dienen. Aber das Flair ist schon nicht ohne.

Hier die eben genannte Börse. Natürlich wird da noch gehandelt, aber der Großteil läuft heute nun mal übers Internet.
Hier die Federal Hall. Das war der erste Sitz der Bundesregierung unter Washington und Adams, während die neue Hauptstadt Washington gebaut wurde.
Vor allem wurden da die Zolleinnahmen – bis 1913 das mit Abstand wichtigste Einkommen der Bundesregierung – verwaltet und sogar gelagert.
Der Bulle steht übrigens nicht an der Wall Street, sondern am Broadway, und er soll auch nicht den aggressiven Kapitalismus, sondern die Stärke und Dynamik des amerikanischen Volkes nach dem Börsencrash von 1987 symbolisieren.
Drum musste das furchtlose kleine Mädchen, dass ihm 2017 gegenüber gestellt wurde, auch weichen, weil sie die Botschaft verzerrte. Sie steht jetzt vor der Börse. Bizarrerweise war sie aber Teil einer Marketingkampagne für einen Indexfonds, kein antikapitalistisches Widerstandssymbol.
Apropos antikapitalistischer Widerstand: das hier ist Zucotti Park, wo die Occupy Wall Street Bewegung entstand.

Danach ging es weiter zum World Trade Center. Als ich 2003 das letzte Mal in New York war, war da noch ein Bauloch. Das hat sich gründlich geändert.

Hier das neue One World Trade Center. Die Twin Towers standen dort, wo der Park im Vordergrund ist.
Die Grundfläche der alten Türme wird jetzt durch zwei große Becken mit Wasser, das in die Tiefe fällt, symbolisiert. Auf den Rändern stehen die Namen der Toten, geordnet nach deren Beziehungen zueinander.
Der einzig überlebende Baum des alten Parks beim WTC.
Der Oculus, eine Mischung aus Bahnhof und Shopping Center, ebenfalls erbaut um ein zerstörtes Gebäude zu ersetzen.
So sieht es da innen drin aus. Hier kreuzen sich auch mehrere wichtige U-Bahn und Zuglinien.

Vom World Trade Center ging es weiter nach Chelsea bzw. den Meatpacking District. Das war bis in die 90er eine der übelsten Ecken von New York: Nachtclubs, heftigste Drogenkriminalität, heruntergekommen Dockanlagen, rostende und stillgelegte Hochbahngleise, usw. Heute? Boomt alles und es ist teuer.

Hier sieht man schon den Wandel. Das weiße Gebäude unten rechts ist eine alte Seemannunterkunft, natürlich heute Apartments. Drum herum sieht man schon mehrere neue Firmensitze.
Am meisten Geld hat wohl Google gebracht, deren Zentrale an der Ostküste hier sitzt.
Ein besonderer Kniff war die Umwandlung der alten, stillgelegten Hochbahnlinien (wo es offene Drogenszenen gab) in einen Park, den High Line Park.
Alles finanziert von den Investoren…
…und zwar schön begrünt (wg. Winter nicht gut sichtbar), aber man hat absichtlich die Schienen drin gelassen. Auch hier gilt:
…die Vergangenheit dient jetzt als Flair für die neue Nutzung.
Das alte Pier (der Hafen ist jetzt in New Jersey) wird derzeit für viel (Investoren-)Geld zu einem Naherholungsgebiet umgebaut. Das runde Metallding links bleibt übrigens, es markiert den (nicht-)Landepunkt der Titanic. Vor 25 Jahren noch wurden hier Leichen und Tatwaffen entsorgt.
Anstatt verlassener Lagerhäuser gibt es nunmehr den Chelsea Market, eine Art Fresstempel und Markthalle für die gut verdienenden Professionals, die nunmehr den Meat Packing District unsicher machen.

Nächste Station war Greenwich Village (das im Westen, nicht das East Village). Das war ganz früher ein Reichenviertel, dann ein Irenviertel, ein Schwarzenviertel und ein Szeneviertel. Jetzt ist es wieder reich.

Nicht zuletzt, weil es für New Yorker Verhältnisse echt ruhig ist. Der Müll liegt nur rum, weil der bald abgeholt wird.

Vom Szeneviertel Greenwich Village sind z.B. das „Cafe Wha?“ übrig, wo Hendrix entdeckt wurde…
…und der Comedy Cella, wo Lenny Bruce und George Carlin die amerikanische Standup Comedy revolutionierten.
Zwischen West und East Village liegt der Washington Square Park…
Mit dem ersten Prunkdenkmal der Stadt (zu Ehren George Washingtons, der 100 Jahre zuvor Präsident wurde)…
…und erbaut nicht auf einem alten Indianerfriedhof, sondern auf ca. 20.000 Armengräbern. Der Park war eins der Vorbilder für den Central Park.

Apropos Tote: ganz in der Nähe ist auch das Triangle Building, wo 1911 weit über 100 Mädchen und junge Frauen, allesamt Näherinnen, bei einem Großbrand starben. Die Türen waren abgesperrt gewesen, damit keine Gewerkschaftler eindringen konnten. Das Ganze wurde mittelfristig zum Anlass für das Verbot von Kinderarbeit (und verschlossenen Notausgängen).

Weiter ging es nach SoHo (South of Houston Street), einst dem wichtigsten Einkaufsviertel der Stadt, wo die tollsten Kaufhäuser entstanden. Mit dem Niedergang des Einzelhandels erfindet sich auch dieser Stadtteil neu: es gibt immer noch schicke Läden wie den Nike Store, aber das sind eher glorifizierte Schaufenster, wo Kunden Produkte ausprobieren und sich (und die Firma) damit auf Instagram produzieren können. Verkauft wird die „experience“, nicht das Produkt, die Läden dienen also der Werbung, nicht dem Umsatz.

Die historischen Kaufhäuser wurden möglich durch neue Stahlskelettkonstruktionen, welche kaum noch interne Pfeiler brauchte. Die Fassaden konnte man mit günstigen, aber beeindruckenden Säulen und Verzierungen aus Eisen schmücken.
So auch hier.

Die letzte Station des Marsches war Little Italy. Auch hier gab es gewaltigen Wandel, denn Little Italy gibt es quasi nicht mehr. Die Italiener sind weitgehend nach New Jersey umgezogen und die restlichen Restaurants werden immer weniger.

Was von…
Little Italy…
…übrig blieb.

Aber den alten Widersachern der Italiener bzw. der Mafia, dem NYPD, erging es auch nicht besser.

Das hier war das ursprüngliche HQ des NYPD. Heute sind es …Trommelwirbel… Luxusapartments!

Nun kann man den Verlust des historischen New York beweinen. Aber die meisten New Yorker wollen wohl kaum in die Ära von Crack und Gangs der 1980er und 1990er zurück und auch nicht zur Korruption des späten 19., frühen 20. Jahrhunderts. Und die geläufigen Bilder der Stadtviertel (Financial District, Meatpacking District, Little Italy, etc.) waren ja auch immer nur historisch bedingt und ersetzten zu ihrer Zeit wiederum andere, frühere Nutzungen derselben Gegend.

Wer weiß schon, was nach einigen Jahrzehnten Luxusapartments und Hightech-Investoren kommt? Von schöner neuer Welt bis Zombieapokalypse ist alles denkbar.

6. März – Food Tour und Midtown

Auf quasi jeder Städtereise mache ich eine Food Tour, so auch in New York. Dante von Nice Guy Tours (und ja, Dante ist der Nice Guy, das ist ein one man Betrieb) führte mich und zwei weitere Teilnehmerinnen durch die Lokale der Lower East Side. Dort lebten zur Hochzeit der Immigration 1890-1910 vor allem osteuropäische Juden, und die prägten das kulinarische Erbe des Viertels (und weit darüber hinaus). Das war ursprünglich eine Street Food Szene mit Handkarren, heute sind es kleinere Lokale oder eigentlich Geschäfte, denn die meisten sind keine Restaurants im eigentlichen Sinne.

Das hier sind Knishes, Kartoffelpüree mit Füllung, hier z.B. Spinat, in einer Teighülle gebacken.
…und ein Rugelach, ein knuspriges, süßes Teigröllchen….
…dieses Bild dient nur zur Belustigung. „German“ Potato Salad ist in den USA jeder Kartoffelsalat ohne Mayonnaise. Wenn das die Rheinländer wüssten!
Bagels gab es natürlich auch…
…mit reichlich Schmear, also Frischkäse, hier in verschiedenen Varianten.
Da dürfen Pickles, also eingelegtes Gemüse nicht fehlen…
…aus der reichhaltigen Auswahl hatten wir eingelegte Gurken in drei Reifegraden (3 Tage, 3 Wochen, 3 Monate).
Kulinarische Höhepunkt war der Besuch bei Katz Delicatessen.
Es war noch vor 11, drum nicht brechend voll wie zur Lunchzeit.
Hauptattraktion ist die Pastrami mit 30 Tagen Herstellungszeit….
…und just die hatten wir auch. Butterzart! Da muss ich nochmal hin und ein ganzes Sandwich essen.
Der Herr in der Mitte sitzt dort, wo Sally in „Harry und Sally“ ihren Orgasmus vortäuschte. Bei ihm scheint es nicht zu wirken.
Vielleicht mag er lieber Jelly Beans? Dieses Bild entstand in einem riesigen Süßigkeitenladen auf der Tour. Sie hatten auch ein volles Sortiment von Haribo und Ritter Sport.
Einzig nicht-jüdische Spezialität waren chinesische Teigtaschen am Rande von Chinatown, ähnlich gut wie in San Francisco oder Beijing.
Einige Stunden später zum Abendessen gönnte ich mir noch japanisches Curry. New York ist meistens der zweitbeste Ort, wo man bestimmte Speisen bekommen kann, direkt nach dem Ursprungsland selbst.

Ansonsten habe ich mir auf eigene Faust noch ein pass Sehenswürdigkeiten angeschaut.

Die Stonewall Bar in der Christopher Street ist der Ausgangspunkt der modernen LGBTQ+ Bewegung. 1969 hatten es die Gäste einer Schwulenkneipe satt, von der Polizei drangsaliert zu werden und wehrten sich gegen eine Razzia.
In den folgenden Tagen kam es in der Christopher Street und in diesem (sehr kleinen) Park zu massenhaften Demonstrationen. Heute ist das alles ein National Monument. Die Statuen zur Erinnerung wurden schon 1982 fertig gestellt, aber wegen politischen Widerständen erst 1992 aufgebaut. Heute ist NY eine der queer-freundlichsten Städte der Welt.

Später bin ich mit der Seilbahn nach Roosevelt Island gefahren, eine Insel im East River zwischen Manhattan und Queens. Es gibt auch eine U-Bahn und eine Brücke, aber von der Seilbahn hat man die besten Aussichten.

Diese Bilder…
…entstanden….
…vom Ufer…
…und dieses aus der Luft!

Auch im Highline Park war ich nochmal, da hatte ich bei der Walking Tour noch nicht genug davon gesehen. Ist ein sehr schöner Spaziergang durchs westliche Manhattan, mal was ganz anderes. Kein Wunder, dass dieses neue Parkkonzept (auf alten Hochbahnschienen) jetzt in vielen anderen Städten kopiert wird. Es folgen einfach mal die Bilder ohne Kommentar – diesmal nicht als Slider, weil die irgendwie sehr langsam laden.

Dieses Bild bedarf dann doch eines Kommentars. Man weiß ja, dass Donald Trump in d New York nicht gerade beliebt ist. Aber dieser Hausbesitzer mag ihn wirklich(!) nicht.

Danach bin ich langsam wieder Richtung Hotel spaziert und habe noch ein paar Fotos vom Empire State Building und vom Times Square bei Dämmerung gemacht.

Heute war es übrigens wirklich saukalt, nur eine Zwischenlage Wäsche auf Merinowolle machte das erträglich. Danke Doro für die Icebreaker-Shorts, ich habe sie durch T-Shirt und Handschuhe ergänzt. Morgen soll es immer noch kalt, aber nicht mehr ganz so kalt sein. Zeit für den Central Park!

7. März 2019 – Central Park

Heue führte mich mein Weg in den Central Park, die grüne Lunge New Yorks, einer der ältesten und größten öffentlichen Parks in der Welt – seit immerhin 1857! Natürlich war es immer noch ziemlich winterlich und somit wenig grün, außerdem sehr kalt, aber dafür waren auch nicht so viel Leute unterwegs. Hier einfach ein paar Bilder mit ein paar Kommentaren.

Nach meinem „Spaziergang“ durch den Central Park war ich erstmal fertig und hungrig. Abhilfe bracht ein peruanisches Lokal – in New York gibt es alles!

Peruanisches Lomo Saltado: Steaksteifen mit Tomaten, Zwiebeln und Pommes auf Reis. Lecker und sättigend.

Am späten Nachmittag bin ich nochmal ausgerückt und habe einen Blick auf das Hauptquartier der Vereinten Nationen geworfen. Das ist tatsächlich nicht teil der USA, sondern ein extraterritoriales Gelände. Warum in New York? Die UN waren grundsätzlich die Idee von Franklin Roosevelt, umgesetzt nach seinem Tod von seiner Frau Eleanor. Weitere „Nebenstellen“ des HQ sind in Genf, Wien und Nairobi zu finden. Warum man Außenstellen in der Schweiz UND in Österreich brauchte, bleibt mir schleierhaft.

Das hier ist jedenfalls das Gebäue der UN-Generalsekretariats, wo António Guterres seinen Sitz hat.
Direkt gegenüber, aber nicht zur UN gehörend: die Jesaiah-Wand mit biblischen Wünschen für den Weltfrieden. Dabei waren die UN ursprünglich ein Kriegsbündnis gegen die Achsenmächte und beziehen bis heute ihre Stärke aus der Macht der permanenten Sicherheitsratsmitglieder.
Die Dag Hammarskjöld Bibliothek.

Auf dem Rückweg habe ich noch die NY Public Library bei Nacht abgelichtet:

Morgen nachmittag geht es nach Harlem, für den Vormittag überlege ich mir noch was.