19. Juli 2021: Cinecittà

Mein heutiger Weg führte mich nach Cinecittà, dem historischen Zentrum der italienischen Filmindustrie. Das ist zunächst einmal quasi wie die Bavaria Filmstadt (es gibt sogar auch ein U-Boot Filmset), mit einigen wichtigen Unterschieden:

Zum einen ist Cinecittà deutlich älter und hat auch eine finsterere Geschichte, denn gegründet wurde die Filmstadt 1937 von Mussolini, mit dem expliziten Ziel, das faschistische Italien von Hollywood unabhängig zu machen und natürlich, um Propaganda zu produzieren. Aber bereits 1945 (also nach der Einnahme Roms durch die Amerikaner) wurden hier schon ganz andere Filme, wie Rosselinis Rom, offene Stadt gedreht.

Zum anderen ist Cinecittà filmhistorisch wesentlich bedeutender. Fellini drehte hier, ebenso Sergio Leone, amerikanische Produktionen wie Quo Vadis und Ben Hur entstanden hier, aber auch ganz teure und wesentlich neuere Filme, z.B. Gangs of New York (und zwar zur Gänze, was mir gar nicht klar war vorher). Auch jetzt noch wird das Studio von Filmcrews aus der ganzen Welt genutzt, oft genug für die ganz großen Produktion. Also schon eine ganze Preisklasse über Die Unendliche Geschichte.

Letztlich gibt es hier die Kulissen für die HBO-Serie Rom, und das ist die wahrscheinlich coolste Rekonstruktion des antiken Rom, wenn man willens ist, Fiberglas anstatt Marmor zu akzeptieren – dafür nicht als Ruinen und in Farbe!

Die faschistische Handschrift ist architektonisch unverkennbar, typische 30er Bauweise (nennt sich industrieller Modernismus, glaube ich), wobei diese Architektur durchaus auch in demokratischen Ländern vorkam.
Die römischen Köpfe links und rechts sind natürlich Kulissen und haben nichts mit Mussolini zu tun.
Der Adler vor dem Restaurant hingegen sehr wohl.
Das hier ist die Venusia aus Fellinis Casanova. Diese „Göttin“ taucht am Anfang des Films aus dem Kanal in Venedig auf.
Der eigentliche Studiobereich könnte aber auch im goldenen Zeitalter Hollywoods stehen.

Die eigentliche Attraktion war für mich aber die Kulisse aus Rom, die mehr oder minder das Forum Romanum in der Zeit zwischen Caesars letzten und Augustus ersten Herrschaftsjahren darstellen soll.

Wobei das mit der historischen Korrektheit so eine Sache ist…

Dieses Gebäude wird in Rom als Curia, also Senatskammer verwendet. Es kopiert aber das Pantheon, das erst deutlich später gebaut wurde und nichts mit dem Senat zu tun hatte. Die eigentliche Curia auf dem Forum macht aber auch nicht wirklich allzu viel her.

Das Rom-Bühnenbild ist dennoch so beeindruckend, dass Cinecittà es nach Abschluss der Dreharbeiten aufkaufte und seither an andere Filmproduktionen vermietet. Sogar an die Japaner: die Live Action Variante von Thermae Romae wurde auch hier gedreht.

Außerdem gibt es ein Set, dass den Tempel von Jerusalem zur Zeit des jungen Jesus zeigen soll, für den Film Der junge Messias.

Anders als das Rom-Set ist diese Darstellung aber rein fiktional und hat nichts mit archäologischen Erkenntnissen oder biblischen Beschreibungen zu tun.
Das wundert auch nicht, denn das Buch auf dem der Film basiert, stammt von Anne Rice – ja, die mit „Interview mit dem Vampir“. Der Film ist wohl auch wirklich nicht so toll.

Eigentlich gibt es auch noch ein Set des alten Florenz, das für die Serie Francesco über Franz von Assisi gebaut wurde und auch für verschiedene andere Fernsehserien genutzt wurde. Aber da durften wir nicht fotografieren, wohl weil eins der Werke erst demnächst erscheint und die deshalb aktuell Urheberrechte haben.

Ein Museum gibt es auch, das ist aber nicht Umwerfendes. Dennoch hat der Besuch sich gelohnt, denn gerade das Rom-Set ist schon sehr cool. Hier noch ein kurzes Rundum-Video davon.

Abends war ich noch auf einer Food Tour und habe u.a. die besten Gnocchi meines Lebens gegessen. Die Bilder reiche ich gelegentlich nach. Morgen geht es nach Tivoli zur Hadriansvilla und zur Villa d’Este – aus logistischen Gründen mit einer Tour, das ist individuell ohne Auto nicht ganz so einfach.