Heute habe ich die Berge verlassen und eine der Städte Colorados besichtigt: Boulder. Mit ca. 100.000 Einwohnern, davon ca. 30.000 Studenten viel kleiner als Denver, aber durchaus bekannt: laut diversen Umfragen ist es die „glücklichste“, „gebildetste“ und „am schlechten angezogenste“ Stadt der USA. Letzteres kann ich bestätigen: mit meinen Outdoor-Klamotten war ich definitiv overdressed. Yogahosen und Shorts sind die Norm, ich habe keinen einzigen Menschen im Anzug gesehen – gut, ich war auch nicht in einer Bank.
Boulder hat soviele Arbeitsplätze wie Einwohner und gleichzeitig eine stringente Städteplanung mit doppelter Höhenbegrenzung: kein Haus über 16,50 Meter und keine Bebauung mehr als 60 Meter über dem Tiefpunkt der Stadt. Beides beschützt die sehr schöne Aussicht auf die Berge, aber es führt auch zu Immobilienpreisen knapp unter denen von Manhattan, was wiederum das ein oder andere soziale Problem mit sich bringt.
Die Städteplanung ist seit jeher ein wichtiger Bestandteil Boulders, schon die Gründer beschlossen 1859 die wichtigsten Aspekte davon. Deswegen hat Boulder auch eine kompakte und sehr schmucke Innenstadt mit vielen „alten“ Gebäuden – wobei alt hier natürlich ein sehr relativer Begriff ist.





Das mit dem stadteigenen Gletscher stimmt, wobei er heute nur noch einen Bruchteil der Wasserversorgung sichert. Aber die Stadt Boulder kauft seit jeher möglichst viel Land um sich herum auf. Nicht um es zu bebauen, sondern um eine Bebauung zu verhindern. Boulder ist von sog. „open spaces“ – quasi dem hauseigenen Nationalpark umgeben, alles im städtischen Besitz.
Das Wasser war übrigens wichtig im Hotel, denn es konnte erst 1969 die erste Alkoholausschanklizenz des Landkreises erwerben. Mancherorts hielt die Prohibition eben etwas länger. Dafür wurde weniger als 50 Jahr später das Marijuana legalisiert…

Nachdem es wenig Holz in der Umgebung gab wurde in Stein und Ziegel gebaut. Dadurch sind viele ältere Gebäude erhalten:











Boulder selber wurde während eines Goldrauschs gegründet. Zunächst liefen auch die Beziehungen mit den örtlichen Indianern, den Arapaho gut, vor allem dank dieses Herrn:

Während des Bürgerkriegs eskaliert die Lage dann aber: mehrere andere Indianer nutzten die Abwesenheit der Armee, um Siedler anzugreifen. Daraufhin rotteten sich Siedler aus mehreren Gegenden Colorados zusammen und machten ein Lager von friedlichen Indianer-Zivilisten nieder, darunter auch Niwot. Das sog. Sand Creek Massaker von 1864 wurde sogar damals schon von der weißen Öffentlichkeit, inklusive Präsident Lincoln, offiziell verurteilt. Half aber nix, die Arapaho wurden in Reservate vor allem in Oklahoma verdrängt. Die Stadt Boulder heute wiederum versucht das Vermächtnis der Ureinwohner wenigstens ins öffentliche Gedächtnis zu rufen.
Übrigens: zum Ort des Sand Creek Massakers im Südosten des Staates wollte ich ursprünglich auch, aber das ist echt am Ende der Welt und die Gedenkstätte ist nicht mal am eigentlichen Ort des Gemetzes, weil es den Nachkommen der Opfer zu heilig ist. Das war mir zuviel Akt, ich war in Little Bighorn, das muss reichen.
Übrigens: ich habe Boulder mit einer Walking Tour, geleitet von einem örtlichen Heimathistoriker erkundet. Wir waren nur drei Teilnehmer, das war eine prima Sache.
Nach Boulder war ich noch in einem geheimen Guerilla-Forschungsinstitut ganz in der Nähe: dem National Center for Atmospheric Research (NCAR).


Wahrscheinlich können die Forscher nur aufgrund ihrer isolierten Lage weitermachen, die Regierung bemerkt sie wohl einfach nicht. Und die Lage ist wirklich isoliert und schön:



Mittlerweile sitzt ich in meiner riesigen Ferienwohnung in Denver, wo sich erstmals in diesem Urlaub das Wetter verschlechtert hat, mit Gewitter und allem. Hoffentlich ist es morgen besser, denn da plane ich eine Walking Tour der Innenstadt und danach eine Food Tour!