05.05.2024 – Kariorg und Telliskivi

Mein Weg führte mich zunächst nach Kariorg. Das ist ein Villen- / Botschaftsviertel östlich der Altstadt, vor allem aber ist da der Kariorg-Park. Hier hat sich Peter der Große seinerzeit einen Sommerpalast errichten lassen, der heute als Kunstmuseum genutzt wird. (Hier könnte man wieder einen „was haben die Russen je für uns getan?“ Witz einfügen).

Im letzten Bild sieht man den estnischen Präsidentenpalast, der während der ersten Unabhängigkeit 1938 fertig gestellt wurde. Schlechtes Timing, denn 1940 wurde Estland wieder von der Sowjetunion besetzt und der oberste Sowjet der estnischen Sowjetrepublik zog hier ein. Aber seit der zweiten Unabhängigkeit von 1991 dient er wieder dem eigentlichen Zweck.

Im Kariorgpark gibt es auch einen hübschen, wenngleich nicht spektakulären, japanischen Garten. Das wäre nun nicht unbedingt eine Reise wert, aber aktuell ist hier in Tallinn gerade Kirschblüte – im Norden halt deutlich später. Und ein japanischer Garten mit Hanami lohnt sich immer, selbst wenn der hiesige Garten nur acht Kirschbäume hat.

Zwischenzeitlich war ich noch am Strand.

Danach bin ich weiter nach Telliskivi, westlich der Altstadt hinter dem Bahnhof gelegen. Das war früher ein sowjetisches Fabrikgelände, das mittlerweile aber als Kreativzentrum genutzt wird mit Ausstellungen, Street Art, Lokalen, Co-Working Spaces und so weiter. Natürlich kein neues Konzept, passt aber gut zum neuen Estland, das ja großen Wert aus Start-Ups und Digitalisierung legt.

Übrigens funktioniert der Nahverkehr sehr gut mit einer NFC-fähigen Kreditkarte (nur eben nicht über Handy mit Google Pay). Einfach beim Einsteigen auf den Validator halten, der bucht einen Einzelfahrtschein. Und wenn man drei Einzelfahrtscheine am Tag bucht macht er automatisch eine günstigere Tageskarte draus – der eigentlich fällige Betrag wird dann erst in der Nacht abgebucht.

Nun aber Bilder aus Telliskivi:

Ganz in der Nähe ist dann noch ein kleines Viertel mit alten Holzhäusern, ursprünglich für die Fabrikarbeiter:

Zwischenzeitlich hatte ich drüber nachgedacht, morgen noch einen Tagesausflug nach Tartu zu machen (zweitgrößte Statdt Estlands mit alter Uni und derzeit Kulturhauptstadt Europas), die Idee habe ich aber wieder verworfen. Das wäre in Stress ausgeartet (2,5h mit dem Zug einfache Fahrt) und morgen ist Montag, da sind die relevanten Museen dort geschlossen.

05.05.2024 – Lahemaa-Nationalpark

Heute war ein Tagesausflug in den Lahemaa-Nationalpark angesagt, der östlich von Tallinn liegt. Dafür habe ich eine geführte Tagestour gebucht, denn ohne Auto kommt man da nicht gut hin und ohne Guide ist es ungleich aufwändiger, die interessanten Stellen abzuklappern. Wir waren dann auch nur sechs Leute inklusive Guide.

Der Nationalpark wurde noch zu Sowjetzeiten gegründet und war der erste Nationalpark in der Sowjetunion, wobei allerdings nur ein Teil des weitläufigen Geländes wirklich Nationalpark im Sinne von keine kommerzielle Nutzung ist. Es wohnen auch Leute dort und Teile des Geländes werden land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Aber die tatsächlich Wildnis ist schon recht beeindruckend.

Auf dem Weg dahin kamen wir an Unmengen von Plattenbauten aus den 70er Jahren vorbei, wo ein Großteil des russischsprachigen Bevölkerung in einer Parallelgesellschaft lebt. Außerdem sahen wir Unmengen von Zugvögeln auf dem Weg nach Finnland und Skandinavien – leider hielten die nicht für Fotos aus dem Auto an. Ein Großteil des Wegen führte über die alte Autobahn nach St. Petersburg (nur 300km entfernt) wo es fast keinen Verkehr gab, da die Grenze weitgehend geschlossen ist (nur Fußgänger mit Visum kommen durch). Dafür hatte die Autobahn Linksausfahrten und Wendemöglichkeiten – günstig zu bauen, aber bei mehr Verkehr sicher arg gefährlich.

Auf dem Weg kamen wir auch bei diesen bronzezeitlichen Rundgräbern vorbei, die während des Autobahnbaus entdeckt wurden.

Die estnische Landschaft ist flach und von Wasser und Wald geprägt, hauptsächlich Birken und Kiefern. Erster Stopp war der Jägala-Wasserfall. Das muss man sich wie Niagara vorstellen, nur halt in Miniatur.

Der zweite und weitaus längste Stopp war dann eine Wanderung durch Sumpf und Moor entlang eines Pfads aus Holzplanken. Dabei sah man auch viele Seen, die durch den früher üblichen Abbau des Torfes aus dem Moor entstanden.

Aber wie gesagt gibt es nicht nur Wildnis. In der Region sind auch Herrenhäuser der alten Großgrundbesitzer (gerne deutscher Adel) erhalten, zum Teil mit Gärten:

Mittagessen haben wir in einer Cafeteria-Wirtschaft gegessen. Leider war das Ambiente besser als das Essen, das eher an eine Mensa in den 80er Jahren erinnerte. Ich konnte die Dame nicht davon abhalten, weiße Sauce über meine Pommes zu kippen…

Gegen Ende waren wir dann noch an der Küste, der Nationalpark umfasst mehrere Buchten und Kaps. Man sieht hier auch gut die Hinterlassenschaften der letzten Eiszeit in Form von großen bis riesigen Findlingen:

Zum Abendessen zurück in Tallinn genehmigte ich mir dann Spareribs, die sich in der Schweinefleisch-affinen Küche Estlands großer Beliebtheit erfreuen. Allerdings werden sie gerne mit einer Kirschsauce getoppt, was zumindest ungewohnt ist:

03.05.2024 – Altstadt von Tallinn

Die Esten haben es nicht einfach, historisch gesehen. Sie wurden über die Jahrhunderte von so ziemlich jeder Macht kolonisiert, erobert oder besetzt: Dänemark, der Schwertbrüderorden, die Hanse, Schweden, Russland, die Sowjetunion, Nazi-Deutschland und wieder die Sowjetunion bis zu aktuellen Unabhängigkeit 1991.

Und von 1458-1467 Drittes Zeitalter auch noch von Sauron und den Nazguls. Derer Grausamkeiten wird mit dieser Nazgul-Statue (Baujahr 2018) gedacht.

Aber im Ernst, ist halt ein wirklich kleines Land mit wenig Leuten (ca. 1,3 Millionen) an einer verkehrsgünstigen Stelle – da kann man nur schwer in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Mit EU und NATO ist Estland wahrscheinlich aktuell in der stärksten Position, in der es je war.

Umso erstaunlicher, dass Tallinn (kommt von „Dänenstadt“) eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Altstädte Europas hat, die völlig zu Recht UNESCO-Weltkulturerbe ist. Und für eine mittelalterliche Stadt ist diese Altstadt enorm groß, Tallinn alias Reval war lange Zeit eine extrem wichtige Handelsstadt. Eigentlich zwei Städte: auf dem höher gelegenen Domberg waren die Adeligen, Kreuzritter, etc. unterwegs, die Unterstadt wurde von der Hanse gegründet – das waren auch rechtlich ganz lange zwei unabhängige Kommunen, obwohl natürlich direkt nebeneinander gelegen.

Hier einfach mal Eindrücke mit gelegentlichen Kommentaren in der Bildunterschrift.

Die Altstadt ist wirklich beeindruckend, wobei nur wenige Gebäude wirklich aus dem Mittelalter (dann meist frühes 15. Jahrhundert) stammen. Aber es ist die Gesamtanlage, die den Eindruck macht, weitgehend von Mauer umgehen, verwinkelte Gassen, usw.

Die Führerin meine Walking Tour erzählte dann auch noch von dem sehr schwierigen Verhältnis der estnisch sprechenden Esten mit den russisch sprechenden Esten (und russisch sprechenden Russen), die 30% der Bevölkerung ausmachen (und in Tallinn 40%). Mit Integration ist da nicht viel, die Sprachbarriere wird nur höher, weil die jungen ethnischen Esten kein Russische mehr lernen und die ethnischen Russen kein estnisch. Eigentlich möchte die Regierung estnisch zur verpflichtenden Unterrichtssprache für alle machen, aber das scheitert schon am Mangel an Estnisch-Lehrern. Interessanterweise meinte die Führerin, dass die Ukraine-Invasion zu einer Annäherung der jungen Generationen führte, denn die jungen russischsprachigen Esten sind wohl auch gegen diesen Krieg, während viele ältere russischsprachige Esten (und Russen in Estland) sich eher zu Putin orientieren.

Hier noch ein bisschen Food Porn, diesmal war ich einem etwas anspruchsvolleren Restaurant, denn in Estland ist das deutlich bezahlbarer als in Finnland:

Morgen: Tagestour zum Nationalpark Lahemaa

02.05.2024 – Fähre nach Tallinn

Heute bin ich dann mit der Fähre nach Tallinn gefahren, hat alles gut geklappt.

So sehen die Pötte aus.

Mir wurde gesagt, dass es sich bei diesem und dem anderen Schiff vom ersten Tag keinesfalls um Kreuzfahrtschiffe handelt, denn diese nehmen keine Autos auf. Das stimmt sicher, aber die Grenze ist fließend. Diese Fähre hat Kabinen, eine Showbühne, mehrere Restaurants und Bars, Karaoke, Spielautomaten, einen Spielplatz und ein Sonnendeck. Nur keinen Swimming Pool.

Und einen Duty Free Shop natürlich! Es gibt sogar eine Tour von Helsinki nach Tallinn, die gar nicht in Tallinn landet, sondern nur dem Alkoholkauf dient. Diese Variante habe ich glücklicherweise nicht erwischt.

Von der Fähre konnte ich dann auch noch einen Totale von meinem Hotel knipsen, das braune Gebäude in der Mitte. War mal eine Lagerhaus, bis Scandic in den 70er Jahren ein Hotel draus machte. Leider merkt man auch, dass die Konversion vor 50 Jahren stattfand, einiges ist nicht mehr ganz zeitgemäß.

Auf der Fähre habe ich es dann wie die Finnen und Esten gehalten und bin ins Restaurant. Das Brunch Buffet ist für finnische Verhältnisse mit €26 ungemein günstig, zumal Bier und Wein dabei sind.

Die Auswahl ist auch gar nicht schlecht.

Nach gut 2,5 Stunden Fahrt waren wir dann auch in Tallinn. Ich bin mit dem Bus weiter zu meiner Ferienwohnung. Dafür, das Estland als das Mekka der Digitalisierung gepriesen wird, war der Ticketkauf komplizierter als gedacht. Mit meinem Handy über Google Pay ging es jedenfalls nicht – ich habe letztlich online ein Ticket mit QR Code gekauft. In London ist man da weiter: Handy mit Google oder Apple Pay über die Schranke ziehen, Biep, fertig. Ich muss es hier nochmal mit einer normalen NFC-fähigen Kreditkarte ausprobieren.

Die Ferienwohnung ist jedenfalls topmodern und hat pfeilschnelles WLAN. Nur einen richtigen Schreibtisch vermisse ich, es gibt nur den kleinen Couchtisch und den Tresen mit den hohen Hockern.

Sightseeing betreibe ich heute keines mehr, ich habe vier Tage in und um Tallinn, da sollte ich Zeit für alles haben. Daher nur noch ein bisschen einkaufen und Wäsche waschen, ansonsten chillen. Morgen geht es dann in die Altstadt!

01.05.2024 – Maifeiertag in Helsinki

Letzter Tag in Helsinki – Zeit, Versäumtes Nachzuholen und die Besonderheiten des Tages in Finnland zu betrachten. Eins gleich vorweg: das Innere der Uspenski-Kathedrale wird mir ein Mysterium bleiben. Sonntags war Gottesdienst, Montag geschlossen, Dienstag war ich nicht da und heute, Mittwoch, ist Maifeiertag – geschlossen. Naja, hat nicht sollen sein.

Dafür habe ich das Innere der „Ikea“-Kathedrale zu Helsinki gesehen:

Dann habe ich einen Ausflug zur Bucht von Helsinki gemacht. Diese macht Helsinki zu einer Halbinsel, fügt sich aber eher als eine Art See ins Stadtbild ein.

Rund um die Bucht sind einige wichtige Gebäude versammelt:

Das Olympiastadion wurde für die Olympischen Spiele 1940 errichtet. Die fielen wegen Krieg aus, erst 1952 kam Helsinki dann zum Zug.
Auch dieser olympische Läufer trägt heute eine weiße Kappe. Warum, wird unten erklärt.
Hier die Oper, muss man ja haben. Ist aber nicht gerade Sydney.

Nun habe ich aber ein Faible dafür, die Schauplätze wichtiger historischer Ereignisse aufzusuchen, auch wenn die Orte selbst nicht arg spektakulär sind. So war ich schon am Haymarket in Chicago, Sekigahara in Japan und nun…

Die Finlandia-Halle in Helsinki!
Eigentlich nur eine Konzert-…
…und Kongresshalle aus den früher 1970er Jahren. Noch dazu aktuell geschlossen.

Warum war ich also hier? Dies war der Tagungsort der ursprünglichen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von 1973 und hier wurde auch die KSZE-Schlussakte 1975 unterzeichnet. Ein Höhepunkt der Détente-Politik im Kalten Krieg. Die KSZE-Schlussakte schrieb dann neben staatlicher Souveränität und Permanenz der Nachkriegsgrenzen aber auch wichtige Menschenrechte und Meinungsfreiheit fest. Das galt erst als reine Symbolpolitik, wurde dann aber von vielen Gruppen im Ostblock zur Gründung neuer Bürgerrechtsbewegungen genutzt, die viel zu den Wenden und Revolutionen 1989 beitrugen. Sog. Helsinki-Gruppen waren das, wie Charta ’77 in der damaliges CSSR, zu der auch Vaclav Havel gehörte. Man merke: auch das vermeintliche Geschwurbel in diplomatischen Übereinkünften kann manchmal unerwartete Auswirkungen haben.

Danach warf ich mich in den Trubel des 1. Mai. Und damit meine ich Trubel – die Finnen nehmen ihr Vappu, das „Fest des Frühlings, der Studenten und der Arbeiter“ sehr ernst. In Deutschland wird da halt angegrillt oder man nutzt einen günstig gelegenen 1. Mai für einen Kurzurlaub. In Finnland heißt der 1. Mai: Kappen auf und ab in den Park!

Jeder zweite trug heute eine Art weiße Kapitänsmütze, manchmal mit schwarzem Bommel. Das ist wohl eine Mütze, die man beim Schulabschluss bekommt, und am 1. Mai setzt man sie wieder auf! Akademiker ziehen oft zusätzlich ihren farbigen Overall (die Farbe hängt von der Fakultät ab) an mit den Aufnähern aller großen Parties, auf denen sie mal waren. Das ist kein Nischenphänomen, sondern absoluter Mainstream, wie ich selber sehen konnte.

Die Leute konnte man überall in der Stadt so sehen, aber die meisten zog es zum Kaivopuisto-Park westlich des Hafens. Nicht zu verfehlen, man folge einfach den Massen mit den weißen Kappen. Und da ist dann Kirmes:

Tatsächlich ähnelt das Ganze dem japanischen Kirschblütenfest Hanami, nur dass die Bäume weder Blüten noch Blätter haben. Aber wahrscheinlich ist nach sieben Monaten finnischem Winter der offizielle Beginn des Frühlings eine wichtige Sache!

Allerdings sind die Finnen nicht so ordentlich wie die Japaner. Dieser Müll lag woanders noch vom Vorabend rum.

Der 1. Mai ist allerdings auch nicht ganz unpolitisch. Ich sah diverse Stände von politischen Parteien und auch die ein oder andere Demo mit reichlich Palästina- und sogar Sowjet-Fahnen.

Zum Abschluss noch Food Porn:

Damit geht meine Zeit in Helsinki zu Ende, morgen geht es weiter mit der Fähre nach Tallinn, vormals Reval. Also von einer Stadt, wo vor dem 18., eigentlich 19. Jahrhundert nicht viel los war in eine Stadt, wo es schon im 13. Jahrhundert hoch her ging.

30.04.2024 – Seurasaari

Heute war bestes Wetter – immer noch kühl, aber schön sonnig. Also auf in die Natur! Oder, wie ich es bevorzuge, in ein Stück wohlerschlossene Natur mit integrierter Kulturgeschichte. Auf der Insel Seurasaari haben die Finnen alte Häuser aus dem ganzen Land, vor allem aus dem 18. und 19. Jahrhundert gesammelt. Das Ganze ist ein Freilichtmuseum, allerdings ist es als Museum (mit Begehung der Häuser) nur Juni-August geöffnet. Doch die Insel selbst und auch das Areal mit den Häusern ist ganzjährig zugänglich. Man kommt da mit dem ÖPNV hin und geht dann über eine Brücke.

Das ist noch nicht das Museum: ich bin etwas ungewöhnlich mit der Stra0enbahn gekommen und dann noch ca. 700 Meter marschiert, vorbei an diesen Häusern…
…und diesen Schrebergärten. Ganz ohne Koloniehäuschen – ist halt doch nicht Dänemark.
Das ist jetzt aber die Brücke…
…nach Seurasaari.
Dieses Haus (man sieht es oben schon) ist nicht Teil des Freilichtmuseums. In den 1890ern war Seurasaari so eine Art Freizeitpark für die Arbeiterklasse, und dieses Haus stammt noch aus der Zeit. Der Stil ist eher einem schwedischen nachempfunden.

Vom selben Architekten und aus derselben Zeit stammt auch das Restaurant:

Hier nun aber Eindrücke aus dem Freilichtmuseum. Eine Kirche, Lagerhäuser, Katen, Schuppen, herrschaftliche Anwesen, alles da:

Dies hier ist ein modernes finnisches Klohäuschen, wie sie auch in Helsinki stehen. Topmodern, blitzsauber, barrierefrei und voller High-Tech, alles wird mit Knöpfen bedient. Würde in Deutschland nach spätestens 6 Monaten mangels Wartung versagen, hier ist das anders.
Und hier der Grund, warum Finnland keine Superhelden hat. Das ist eine Telefonzelle. Wie soll sich Superman denn darin umziehen?
Bären gibt es dafür reichlich. Doch an diesen Lagerschuppen kommen sie nicht ran. Die Vielfraße auch nicht.

Hier noch ein paar Eindrücke von der sehr hübschen Natur, wobei die Laubbäume halt noch kahl sind:

Und zum Schluss ein bisschen Food Porn:

29.04.2024 – Suomenlinna

Mein Weg führte heute nach Suomenlinna. Das ist eine auf mehreren vorgelagerten Inseln installierte Festungsanlage, die man früher einigermaßen großspurig das „Gibraltar des Nordens“ nannte, wegen der angeblichen Uneinnehmbarkeit. Nun ja, während Gibraltar immer noch zum Vereinigten Königreich gehört, wechselte Suomenlinna mehrfach den Besitzer.

Ursprünglich von Schweden im 18. Jahrhundert als Sveaborg erbaut (finanziert nicht zuletzt durch Frankreich, die Russland damals ausbremsen wollten) griff Russland 1808 Schweden an und eroberte dabei Finnland inkl. Sveaborg. Der damalige Kommandant gab die Festung nach nur leichtem Bombardement auf, da er die Lage als aussichtslos sah – er galt dafür lange Zeit als übler Verräter, aber die Russen saßen einfach am längeren Hebel. Schließlich hatten sie damals die Unterstützung Frankreichs unter Napoleon. Bündnispolitik ist halt manchmal etwas unberechenbar.

Die schlimmste Niederlage erlitt Sveaborg dann im Krimkrieg 1855, der sich auch auf die weit entfernte Ostsee auswirkte. England und Frankreich, damals verbündet gegen Russland, schickten eine (hauptsächlich englische) Flotte nach Sveaborg und bombardierten die Festung übelst. An Gegenwehr war nicht zu denken, die britischen Kanonen hatte viel größere Reichweite. Russland hatte die Festung nicht mehr modernisiert. Zum Glück für die Zivilbevölkerung von Helsinki zog die britische Flotte dann wieder ab, sie hatten kein Interesse an der Einnahme der Stadt.

1917 wurde Finnland dann im Zusammenhang mit der russischen Revolution unabhängig und 1918 zog die russische Garnison ab. Die neue finnische Regierung benannte die Festung um in Suomenlinna und benutzte sie dann gleich mal als Internierungslager für besiegte Gegner aus dem eigenen Bürgerkrieg, was wegen der katastrophalen Versorgung viele von denen das Leben kostete.

Die militärische Bedeutung solcher Festung schwand ohnehin. Im Krieg mit der Sowjetunion gab es hier noch eine Flugzeugfabrik und später baute man Schiffe als Reparationsleistung für die Sowjets aber 1973 gab das Verteidigungsministerium die Festung auf und schenkte sie dem Bildungsministerium. Mittlerweile gehört die Anlage zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ok, genug Geschichte, wie sieht es da aus?

Die Anreise erfolgt natürlich mit dem Schiff.

Panorama von Helsinki von der Fähre.
Hier kommt man vorbei…
…und hier.
Mit so einem Pott reise ich in ein paar Tagen nach Tallinn weiter.
Hier kommt man dann von der Fähre aus rein.
Die Festungskirche, die pragmatischerweise oben auch als Leuchtturm dient.
Die Kirche wurde von russisch-orthodox nach lutherisch konvertiert, nachdem Finnland die Festung übernahm.
Der Zaun drum rum: Kanonen zu Zaunlatten!

Viele der Zivilgebäude, gerade auch die ansehnlichsten, stammen allerdings aus russischer Zeit:

Ein nicht unerheblicher Teil der Anlage diente und dient als Weft, wobei da heute nur noch die älteren Holzschiffe aus Helsinki gewartet und repariert werden:

Um das Zentrum der Anlage ist eine ziemlich trutzige Mauer errichtet, wobei beschädigte Teile davon meist nicht mehr repariert wurden, denn bald wurden Steinmauern von Sandwehren als effektivere Verteidigung abgelöst:

Im Inneren dieser Mauer ist dann das Zentrum der Festung:

Wer hätte gedacht, dass die alten Schweden sich so mit den Spartanern identifizierten? Aber immerhin: die Perser haben Sveaborg niemals eingenommen. Niemals.

Die modernsten Verteidigungsanlagen sind auf der südlichsten Insel, geschützt durch damals moderne Sandwehre, die Artilleriefeuer quasi „schlucken“ konnten.

Was einem aber alle Audioguides und Infotafeln verschweigen ist, wer hier eigentlich die harte Garnisonsarbeit machte:

Es waren die Seehobbits in ihren grimmigen Wehrhöhlen!
…und ihren gut getarnten Dörfern! (In Wirklichkeit sind das wohl alles Munitionslager).

Aber auch auf dieser Insel mit den Sandwehren gibt es natürlich Festungsanlagen aus Stein.

Nicht zuletzt dieses eher repräsentative „Königstor“ von innen…
…und von außen.

Nach der Besichtigung der doch recht weitläufigen Anlage war ich fix und fertig und bin zurück nach Helsinki gefahren.

Zeit für Lunch, z.T. in dieser Markthalle am Hafen.
Kanapees mit Lachs und Krabben auf Roggenbrot…
…Krapfen mit Fleischfüllung…
…und frittierte Muikku (Kleine Maräne), winzige Fischlein, die man im Ganzen isst.

28.04.2024 – Sightseeing in Helsinki

Ankunft und Hotel

Die Anreise von München nach Helsinki verlief recht kommod, allerdings bin ich erst abends angekommen und habe da nicht mehr viel gemacht.

Hier schonmal eine Ansicht meines Hotels nahe des Fährhafens.
Zu breit für ein gutes Foto, zumal ich mein Ultraweitwinkel nicht mitgeschleift habe. Aber von der Seite ist es eh ansehnlicher.
Direkt nebenan das (ehemalige) Zentralgefängnis von Helsinki. Ich wohne quasi auf Riker’s Island!
Ein Blick auf die beiden größten Kirchen in der Abenddämmerung. Zu den Kirchen gleich mehr.
Mein Zimmer. Geräumig und mit Sofa, aber nur mit einem kleinen Fester.
Mein ungewöhnliches Blogging-Setup. Mein kleines Microsoft Surface ist einfach zu rechenschwach für Bildbearbeitung (und ich zu ungeduldig), daher nehme ich meinen Windows-Gaming-Handheld mit einem externen Bildschirm.

Kirchen

Heute ist Sonntag, da geht man in die Kirche! Oder in meinem Fall fotografiert man welche von außen, denn ein Gottesdienst auf finnisch war dann doch nicht auf meiner Prioritätenliste.

Ganz in der Nähe meines Hotels ist die orthodoxe Uspenski-Kathedrale – ursprünglich russisch-orthodox (Finnland gehörte von 1807-1917 zu Russland), mittlerweile aber finnisch-orthodox (gehört zum Patriarchat von Konstantinopel). Innenansichten liefere ich nach, wenn ich drinnen war.

Der Dom zu Helsinki ist eine lutherische Kirche, am zentralen Senatsplatz gelegen und dank eines nachgerüsteten Kreuzes obendrauf einen Ticken höher als die Uspenski-Kathedrale. Klassizistisch und innendrin angeblich sehr minimalistisch, wird auch die Ikea-Kathedrale genannt.

In einer Kirche war ich dann aber doch drin. Das hier ist mitnichten ein Hügelgrab oder ein römisches Mausoleum…

Auch das hier ist mitnichten ein Riesenbottich…

…sondern die sog. Kapelle des Schweigens. Leider nur Mo-Fr geöffnet.
Nebendran eine interessant Installation für Kinder.

Tove Jansson und die Mumins

Direkt neben den Uspenski-Kathedrale ist ein kleiner Park, benannt nach Tove Jansson, der Schöpferin der Mumins.

Leider ziemlich enttäuschend, keinerlei Mumins zu sehen. Auch keine kleine Mü…
…nur diese Dame hat eher große Müh…
…immerhin gibt es hübsche Blümchen.
Einen Grund für die Benenung des Parks gibt es dennoch: in dem rosa Haus direkt gegenüber wohnte Tove Jansson. Aber was ist mit den Mumins passiert?
Wurden sie gar zu Fleisch verarbeitet? Ich finde diese Werbung arg mißverständlich.
Nein, man findet sie in speziellen Läden…
…wie diesem hier.

Weitere Wahrzeichen und Sehenswürdigkeiten

Die Esplanadi ist die Flaniermeile (naja, eher Viertelmeile) von Helsinki, wobei nur die Fassaden auf der Nordseite prächtig sind, die Südseite kriegt eh keine Sonne.

Der Hauptbahnhof von Helsinki ist recht beeindruckend, die Architektur irgendwo zwischen Jugendstil und Gotham City.

Die vier Herren links und rechts mit den Laternen werden geschmückt, wenn hoher Besuch in der Stadt ist…
Zum Beispiel die Rockband KISS.
Hier das finnische Nationaltheater – Finnisch wurde erst 1902 Amtssprache in Finnland, und auch erst um die Zeit ging es richtig los mit Theater und Literatur, die nicht auf Schwedisch waren.
Das finnische Parlament, eher einfallslos klassizistisch…
…aber direkt gegenüber ist die ziemlich neue Zentralbibliothek Oodi. Die ist nicht nur architektonisch interessant, sondern hat auch alles, was eine echte Bibliothek braucht:
Direkt gegenüber die Schmalseite des Museums für zeitgenössische Kunst Kiasma…
…und eine seltsame Skulptur.
Diese Skulptur ist noch seltsamer. Das Silbelius-Denkmal ist dem finnischen Komponisten  Jean Sibelius gewidmet. Nur ist der gesamte, sehr große Park drum rum wegen Renovierung geschlossen und umzäunt. Das Guerillafoto entstand durch ein Loch im Zaun mit Tele.

Der Hafen

Helsinki ist von Wasser umgeben und hat mehrere Häfen, dies hier ist der zentralste davon.

Mittlerweile ist Sonntagabend, die Gehsteige sind ziemlich hochgeklappt und selbst die meisten Restaurants haben zu – die kulinarische Berichterstattung muss noch warten. Aber angeblich schwooft hier am 30.April und vor allem am 1. Mai der Bär – die Finnen nehmen den Maifeiertag anscheinend sehr ernst!

Ich habe mich auch den örtlichen Gepflogenheiten angepasst und war in der Sauna. Davon gibt es Unmengen in Finnland, sogar das Riesenrad am Hafen hat zwei Kabinen, die als Sauna genutzt werden. So ganz mein Ding ist es nicht, ich bevorzuge heißes Thermalwasser, aber when in Helsinki…