23.09.2019 – Government District, Fort Canning Hill

Heute habe ich noch zwei Walking Touren gemacht, eine in den Government District, wo die Regierungsgebäude stehen und einen auf den Fort Canning Hill, die schon immer strategisch wichtige Anhöhe (16m) in Singapur.

Im Government District wird leider derzeit die Rennstrecke vom Grand Prix abgebaut, d.h. so manche fotografische Perspektive konnte man nicht einnehmen. Und andernortens (z.B. im Gebäude des Obersten Gerichts, in dem wir drinnen waren) war Fotografieren streng verboten.

Das europäisch-religiöse Zentrum Singapurs dürfte die anglikanische St. Andrew’s Cathedral sein. Dies ist Version Nummer drei: die erste hatte keinen Turm, die zweite hatte einen Turm ohne Blitzableiter, nach dem Brand kam diese Version 3.0.
St. Andrew's von innen
Von innen nicht allzu beeindruckend, wie meistens bei anglikanischen Kirchen. Die Buntglasfenster enthalten die Wappen der wichtigsten Stadtgründer Raffles und Farquahr.
Älteste Kiche der Stadt ist allerdings die armenische Kirche. Sie ist das Werk von George Drumgoole Coleman, der nahezu alle frühen wichtigen Gebäude in Singapur entworfen hat. Der Mann mochte seinen Neoklassizismus….
Dies hier ist allerdings mitnichten eine katholische Kirche sondern das Chijmes – Einkaufs- und Restaurantzentrum. Allerdings war es vorher eine von Nonnen betriebene Mädchenschule mit Waisenhaus, daher der sakrale Look.
Das Victoria Theatre , ehemals das Rathaus von Singapur, erbaut von dem anderen wichtigen Architekten der frühen britischen Zeit, John Bennett.
Das alte Parlament von Singapur. Das neue steht direkt daneben. Sind beide nicht groß, das aktuelle Parlament von Singapur hat 101 Mitglieder. Davon sind 6(!) gewählte Oppositionsparlamentarier, deren Fraktion qua Verfassung auf 9 aufgestockt wird, wenn sie nicht genügend Sitze gewinnen können, also kommen noch 3 dazu. Zu den 101 gehören auch noch 9 vom Präsidenten ernannte Parlamentarier, also genauso viel wie die Opposition. 83 gehören zur Regierungspartei. Wenn das der Söder wüsste…

Auf der Tour haben wir viel erfahren über die Geschichte Singapurs, die öffentlichen Institutionen und auch noch mehr historische Gebäude gesehen (z.B. die Nationalgallerie, die das alte Regierungs- und Gerichtsgebäude zusammenfasst), die aber wegen der Formel 1 nicht fotografierbar waren. Außerdem waren wir auf dem Obersten Gericht droben, das hat eine Art Ufo-Kuppel mit einem Super-Blick über die Stadt – leider Fotografieren verboten.

Die zweite Tour führte auf den Fort Canning Hill, die Anhöhe unmittelbar „hinter“ der alten Stadt und seit jeher der offensichtlich Ort für eine Festung. Dort hatten die ganz alten Singapurer Könige im 14. Jahrhunderte angeblich ihren Sitz, was aktuelle Archäologie zu bestätigen scheint. Später bauten die Briten ein Fort und noch später war es ein Kommandozentrum für das britische Heer, die sog. Battlebox. Heute ist der Fort Canning Hill einfach ein öffentlicher Park.

Diese Ausgrabungen scheinen den Hügel als Zentrum des Singapur des 14. Jahrhunderts zu bestätigen.
Dieses Grabmal hingegen ist weniger glaubwürdig. Angeblich liegt da der 5. und letzte König des alten Singapur begraben. Nur floh der verbrieftermaßen nach Norden und gründete die Stadt Malacca und liegt dort auch begraben. Aber selbst die Briten wollten das Grabmal nicht öffnen, um die Einheimischen nicht zu vergrätzen.
Apropos vergrätze Einheimische: von den 1850ern bis 1926 war hier ein britisches Fort.
Man könnte nun meinen, das war dazu da, den Hafen zu schützen, doch dafür liegt es völlig falsch. Der Grund ist ganz einfach: im 19. Jahrhundert hatte Singapur 80.000 Einwohner, davon nur 500 Europäer, und gelegentlich gab es Unruhen…
Das Ausfalltor des alten Forts.

Nur zur Battlebox. In den unruhigen 1930er Jahren bauten die Briten Singapur zum Zentrum ihrer Militärmacht in Südostasien aus, vor allem als wichtigste Flottenbasis. Unsinkbar, uneinnehmbar, so dachte man. Die Amerikaner bauten sich ebenfalls eine Flottenbasis in Pearl Harbour. Dann überfielen die Japaner 1937 China, der Beginn des 2. Weltkriegs in Asien. Großbritannien und die USA verhängten Sanktionen gegen Japan, dem das Öl zunehmend ausging. Es lag auf der Hand, dass Japan irgendwann versuchen würde, sich das Öl in Indonesien (damals Niederländisch-Indien) zu holen, entsprechend wichtig waren Singapur und Pearl Harbour. Im Dezember 1941 griffen die Japaner Pearl Harbour und Singapur (sowie Malaya, die Philippinen und diverse andere Ziele in der Region) an.

Kleiner Unterschied zwischen Pearl Harbour und Singapur: in Pearl Harbour zerstörten die Japaner einen Gutteil der US-Flotte. In Singapur nicht. Warum? Da waren keine Schiffe! Die Briten hatten zwar zwei Kriegsschiffe nach Singapur beordert, aber ohne Luftunterstützung – die japanischen Flugzeugträger versenkten sie kurzerhand. Dennoch fiel Singapur nicht der japanischen Flotte zum Opfer, die Artillerie im Hafen war stark genug. Vielmehr marschierten die Japaner mit dem Heer in Malaya ein, kämpften sich in Windeseile von Norden nach Süden durch und setzen nach Singapur über. In zwei Monaten eroberten sie Malaya und zwangen die Briten in Singapur zur Kapitulation. Wie? Sie hatten (leichte) Panzer und viele Flugzeuge, die Briten hatten keine Panzer und nur wenige, veraltete Flugzeuge. Der Ressourcenmangel der Briten hatte natürlich viel damit zu tun, dass sie in Europa gegen Deutschland um ihre Heimat kämpfen mussten, aber angesichts der strategischen Bedeutung Singapurs haben sie dann doch arg wenig in eine effektive, moderne Verteidigung investiert. Hatte sowas von Maginot-Linie, den letzten Krieg hätten sie mit ihrer Verteidigungsstrategie gewonnen, aber eben nicht den aktuellen.

Das Resultat? Dreieinhalb Jahre japanische Schreckensherrschaft in Singapur und nach dem Krieg waren die Singapurer zunehmend unwillig, sich von Großbritannien beherrschen zu lassen. Zumindest in Singapur waren die Briten nach dem Krieg auch einigermaßen willig, eine Unabhängigkeit stufenweise zu ermöglichen, während Malaya zunächst eine Art Vorstufe des Vietnamkriegs rauskam.

Dies ist nun also der Eingang zur Battlebox, einem unterirdischen Kommandostand, von wo aus die Verteidigung Singapurs befehligt wurde.

Eigentlich gab es einen besseren, kombinierten Kommandostand für Heer, Luftwaffe und Marine weiter nördlich auf der Insel, nur hatten die Japaner den in Nullkommanix überrannt. In der Battlebox war also in den letzten Tagen das britische Oberkommando, hier wurde auch die Entscheidung zur Kapitulation getroffen. Eins muss man den britischen Offizieren lassen: sie hatten Druck von ganz oben (Churchill), bis zum letzten Mann zu kämpfen und die Sicherheit der Zivilisten zu ignorieren. Doch General Percival und sein Stab entschieden sich dann doch angesichts der aussichtslosen militärischen Lage zu kapitulieren, bevor es zum Häuserkampf in der Stadt selbst kommen musste. Kleiner Unterschied zu den Japanern in Okinawa, die 1945 lieber Zivilisten erschossen als ihnen zu erlauben, sich den Amerikanern zu ergeben.

In der Battlebox darf man keine eigenen Fotos schießen, diese hier sind auf dem Internet geklaut.
Wer meinen Okinawa-Blog kennt sieht, dass hier alles ein bisschen geräumiger ist. Aber die Briten bauten diese Bunker ja schon in den 1930er Jahren, also man noch Zeit und Ressourcen hatte.

Die Battlebox stand übrigens von 1945 bis in die späten 1980er leer, erst danach ließ die Regierung von Singapur Archäologen und Historiker ran.

Hier noch ein paar Essensbilder: Laksa, Reisnudeln mit Tofu in einer Kokossuppe. Quasi Ramen bzw. Pho gekreuzt mit Tom Kha.
Satay: Grillspieße mit Erdnussauce.
Gegrillter Rochen.

Ein Gedanke zu „23.09.2019 – Government District, Fort Canning Hill“

  1. Ah! Cool, Fort Canning hab ich noch nicht geschafft und die Battle Box auch noch nicht. Sollte ich wieder hinkommen, weiß ich jetzt ist ein Muss!

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