17. Mai: Winchester Mystery House (San Jose)

Der Urlaub neigt sich dem Ende zu, leider wird das Wetter immer schlechter (heute hat es den Großteil des Tages geregnet). War heute in San Jose (im Silicon Valley südlich von SF), hauptsächlich um das Winchester Mystery House zu besuchen. Sarah Winchester war die Witwe von William Wirt Winchester, dem Hersteller des Winchester-Gewehrs. William starb 1881 und hinterließ Sarah 20 Mio Dollar plus Aktien und Aufsichtsratsgehalt. Sarah (deren einziges Kind als Säugling starb) ging es danach nicht so gut. Sie glaubte (nicht zuletzt weil ein Medium ihr das erzählte), das die rachsüchtigen Geister aller von den Winchester-Gewehren getöteten das Unglück gebracht hätten. Um die Geister zu verwirren, ließt Sarah die nächsten 38 Jahre ihr Haus aus- und umbauen. Jeden Tag, zu jeder Stunde, waren die Handwerker am Bauen. Das Resultat ist…eklektisch. Sarah war kein Architekt, daher waren einige bizarre Baumaßnahmen vielleicht einfach nur Fehler. Aber vieles lässt sich nicht anders erklären, als das die gute Frau nicht so ganz bei Trost war: Treppen und Türen führen ins nichts, ein Wandschrank öffnet sich in den nächsten Raum, ein anderer ist nur 2cm tief, usw. Das Haus besteht aus 160 Zimmern und ist ein reines Labyrinth, da kommt nicht mal das Uni-Hauptgebäude mit (wenngleich größer). Total irre. Leider darf man auf der Tour keine Fotos machen, daher nur ein paar Außenaufnahmen, aber es ist wirklich beeindruckend. Sarah Winchester war wohl zwar ziemlich verrückt, aber in mancherlei Hinsicht visionär: sie erfand mehr oder minder die Fußbodenheizung, ließ als eine der ersten Bauherren Elektrizität installieren und überall Treppen einbauen, die nur 10 cm hohe Stufen haben, sie litt im Alter nämlich an Arthritis. Für sie zu arbeiten war wohl einträglich (Löhne doppelt so hoch wie normal), aber sie spionierte ihre Diener aus und feuerte jeden, der sie auslachte. Immerhin: ihr Bauleiter arbeitete den Großteil der 38 Jahre Bauzeit (1884-1922) für sie, also ließ es sich wohl aushalten.

Übrigens: das Haus hat Dutzende Schlafzimmer, einen fertigen und einen zweiten, halbfertigen Ballsaal. Sarah Winchester empfing aber niemals(!) Gäste. Modern war übrigens auch die (einzige) Dusche im Haus, die den Duschenden von allen Seiten gleichzeitig benässte, vorausgesetzt man war 1,45m groß wie Frau Winchester.

Das Geld kam aus der Waffenherstellung. Ganz oben das berühmte „Henry Rifle“ (Henry-Stutzen für alle Karl May Fans), das dritte von oben ist das Winchester 1873, „the gun that won the West“, das erste massentaugliche, robuste Repetiergeweht, im Prinzip ein Henry mit Stahl statt Messing. Erfinder beider Gewehre war übrigens Benjamin Tyler Henry.
Die Ansicht von vorne macht nicht klar, wie verwinkelt das Haus ist.
Diese Perspektive schon eher…
Diese „Tür ins nichts“ befindet sich in 5m Höhe.
Hier der (zweite) Wasserturm. Der erste brannte nieder, wie immer er das auch geschafft hat.
Hier der (zweite) Wasserturm. Der erste brannte nieder, wie immer er das auch geschafft hat.

Nach San Jose bin ich durch den dichten Berufsverkehr von Oakland und Berkeley nach Napa gefahren und bin nun im Gaia Napa Valley Hotel and Spa, einem umweltfreundlichen Hotel, wo ich die letzten beiden Nächte verbringen werde.

18. Mai: Napa und Sonoma

Das Zentrum der amerikanischen Weinproduktion liegt nördlich von SF in Napa und Sonoma, wobei die beiden Regionen angeblich heftig miteinander konkurrieren. Besuch eines Weinguts ist da quasi Pflichtprogramm, also bin ich auf Tinis Rat zum ArtesaVineyard und Winery, einem relativ kleinen Betrieb. Artesa gehört einer Winzerfamilie aus Barcelona; urspünglich wurde hier fast nur Sekt hergestellt, seit etwas über 10 Jahren nunmehr primär Rot- und Weißwein, nur ca. 600.000 Flaschen im Jahr. Daher kriegt man das Zeug auch nicht außerhalb der USA; für einen echten Export müssten sie viel mehr liefern können, so wie Gallo, etc. das machen.

Das Weingut ist wie eine Hobbithöhle in einen Hügel reingebaut.
Das Fasslager ist unterirdisch und somit natürlich gekühlt. Außerdem werden hier auf Anweisung des Chef-Önologen ständig gregorianische Choräle gespielt, damit es dem Wein gut geht(!).
Die Abfüllanlage (aus Italien). Bis vor kurzem hatten sie noch keine, sondern benutzten „the truck“, eine mobile Abfüllanlage, die von vielen kleinen Winzereien in Anspruch genommen wird.
Die Weinstöcke. Von Weinbergen kann eigentlich keine Rede sein. Napa ist zwar hügelig, der Wein wird jedoch hauptsächlich eben angebaut.

Und der Wein? Nun, ich bin kein Weinkenner. Mir hat der 2008 Limited Release Sauvignon Blanc gut geschmeckt und der 2006 Limited Release Cabernet Sauvignon. Cab ist in der Region ohnehin die führende Rebsorte, es entstehen veritable Fruchtbomben, die sehr gut beim Publikum ankommen. Teilweise haben sie hier das Problem, dass die Weine schon fast zu stark werden, weil es so sonnig ist. Doch dank moderner Önologie ist alles im Griff (es wird nicht gepanscht, sondern sorgfältig wissenschaftlich vermessen und so der Fermentierungsprozess genau gesteuert.)

Letztlich bin ich dann doch eher Historiker als Weinfan, und mehr als eine Weinprobe kann man als Autofahrer auch nicht wirklich machen (man will halt doch nicht alles ausspucken). Zweiter Teil des Tages war daher das historische Sonoma, der nördlichste Außenposten des mexikanischen Kalifornien.

Die Mission wurde 1823 gegründet. Es ist die nördlichste der Missionen und die einzige, die unter mexikanischer Herrschaft gebaut wurde. Ziel war es hauptsächlich, die Russen in Fort Ross auszubremsen. Auch diese Mission wurde ca. 10 Jahre nach der Gründung säkularisiert.
In diesen Kasernen war die mexikanische Armee (ein paar Dutzend Mann) stationiert.
In Sonoma fand 1846 auch die sog. Bear Flag Revolt statt. Der Krieg zwischen Mexiko und den USA hatte schon begonnen, der mexikanische General Vallejo wollte wohl auch die amerikanischen Siedler im Umland rausschmeissen. Statt dessen überfielen diese Sonoma und erklärten die unabhängige Republik Kalifornien, so wie das Texas bereits 10 Jahre zuvor schon gemacht hatte. Die „Bear Flag Republic“ dauerte allerdings nichtmal einen Monat, dann übernahm die US-Armee und die US-Flagge wurde gehisst. Dennoch sieht sich Sonoma als Geburtsstätte des amerikanischen Kaliforniens. Die Machtübernahme verlief übrigens nicht so sehr auf Kosten der Mexikaner/Californios: Landrechte und auch die Besitzrechte von Frauen wurden aufrechterhalten. Vallejo war einer der Delegierten beim Verfassungskonvent. Erst mit dem Goldrausch ging alles drunter und drüber, da verloren dann auch viele rancheros viel Besitz.
An dieser historischen Bärenflagge orientiert sich das moderne Staatswappen Kaliforniens.

So, jetzt heißt es packen, denn morgen geht es zurück nach München. Vorher werde ich wohl in Santa Rosa noch das Charles Schulz Museum aufsuchen.

19. Mai: Santa Rosa und Rückreise

Am Tag der Rückreise stand nur noch ein Punkt auf dem Programm: das Charles M. Schulz Museum in Santa Rosa. Schulz war der Erfinder und Zeichner der Peanuts, und das Museum ist unmittelbar am Ort seines Wirkens gebaut worden, inklusive seines Studios. Schulz zeichnete die Peanuts von 1950 bis zu seinem Tod 2000, 50 Jahre lang also. Der einzige, der da mithalten kann, ist Herblock, der Karikaturist der Washington Post, der von 1946-2001 zeichnete. Schulz hatte also eine enorme Arbeitsethik und war sehr einflussreich; den klassischen 4-Bilder Zeitungscomic hat er geprägt wie kein anderer. Das Museum ist sehr gut, mit vielen Originalzeichnungen und einer guten Ausstellung, die auch andere Klassiker wie Walt Kelly’s Pogo mit einbezieht. Leider darf man die Exponate (darunter auch eine Kinderzimmerwand, die Schulz für seine Tochter bemalte) nicht fotografieren, daher hier nur ein paar wenige Eindrücke.

Hier der gefürchtete drachenfressende Baum, an dem Charlie Brown immer wieder scheitert
Ein Päuschen
Ein Päuschen
Der Eingang zum Museum

Tja, das war’s dann auch schon mit meinem Kalifornien-Urlaub, wobei 4 Wochen eine durchaus signifikante Zeit sind und mir der Abschied nicht mehr so furchtbar schwerfiel. Der Rückflug war glücklicherweise relativ angenehm, habe ca. die Hälfte davon verschlafen. Mal sehen, wie mich der Jetlag umhaut. Diese Zeilen schreibe ich bereits wieder vom heimischen PC (mit Maus und großen Bildschirm, wie angenehm!) und hiermit schließe ich mein Urlaubsblog offiziell. Danke fürs Lesen!