29.10.2022 – Altstadt und entlang des Rings

Wie immer war der erste Programmpunkt eine Free Walking Tour zum Überblick. Habe ich zwar auch 2016 schon gemacht, aber die Guides sind doch immer andere mit anderen Geschichten und auch die Touren variieren. Sowohl die Tour als auch die anderen Zielen heute waren alle im „alten“ Wien, also dem Teil der Stadt, der bis ins 19. Jahrhundert von einer Mauer umgeben war, die erst Kaiser Franz-Joseph (regierte 1848-1916) einreißen ließ und so die Ringstraße schuf.

Wir starteten an der Albertina, einem Kunstmuseum. Hier der Albrechtsbrunnen unterhalb des Museums, der Treffpunkt.
Ganz in der Nähe: das Palmenhaus des Burggartens (Gartenanlagen der Hofburg, s.u.).

Direkt gegenüber der Albertina: das Hotel Sacher, das mit der Torte. Meinte unser Guide: niemals ohne Schlagobers essen, sonst ist sie viel zu trocken.
Ebenfalls gegenüber: die Wiener Staatsoper, hier die Hinterseite. (Mehr dazu im Eintrag zum 31.10.2022).
Ebenfalls gegenüber: ein Mahnmal gegen Faschismus und Krieg. Langsam kommt Österreich weg von der Idee, dass man einfach Hitlers erstes Opfer war und mit den Naziverbrechen nichts zu tun hatte. Der schwarze Stein davor stammt aus einem KZ, obendrauf ist Stacheldraht. Der Stacheldraht war nicht Teil des ursprünglichen Konzepts, wurde aber montiert weil sich zu viele Touristen draufsetzten.
Direkt nebendran: die Hofburg, der (Winter-)Wohnsitz und Zentrum der Macht der Habsburger, mit Anlagen, die vom Mittelalter bis ins späte 19. Jahrhundert errichtet wurden. Schön ist sie nicht, aber beeindruckend.
Der Kerl auf dem Sockel ist Kaiser Franz II / I. Warum der Schrägstrich: das war der Typ, der unter dem Druck Napoleons das Heilige Römische Reich, dessen Kaiser Franz II er war, auflöste und stattdessen das Kaiserreich Österreich einführte, dessen Kaiser Franz I er war. So ähnlich wie James VI (von Schottland) der auch James I (von England) wurde – nur war die Umbenennung eben ein Machtverlust für den Österreicher.
Das „Schweizertor“ geht auf die mittelalterliche Hofburg zurück. Benannt nach der Schweizer Garde – anscheinend gab es die auch hier.
In der Hofburg wird bis heute hart gearbeitet. Dieser Kerl sorgt dafür, dass uns die Sonne nicht auf den Kopf fällt.
Diese hier stehen Wache…
Denn man weiß ja nie, ob nicht ein frecher Fiaker-Kutsche da durch fahren will, dem man eins mit der Keule überziehen muss.
Hier der Zugang zur Hofburg von der teuersten Einkaufsstraße Wiens – dank der Hofburg kann man die Straße immerhin von den Shoppingmeilen aller anderen Städte der Welt unterscheiden – die Geschäfte sind alle identisch.
Die Front der Hofburg zur Ringstraße hin ist der neueste und langweiligste Teil der Anlage.
Logisch, dass Hitler von hier aus den Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich verkündete. Die Schätzungen, wie viele Menschen ihm dabei zujubelten liegen zwischen 250.000 (1938) und Null (1946).
Vor der Hofburg (links) am Ring liegt der „Heldenplatz“.
Wobei nur dieser dort abgebildete Kerl den Namen einigermaßen verdient hat: Prinz Eugen von Savoyen („der edle Ritter“), der immerhin (im Auftrag der Habsburger) im Großen Türkenkrieg das Osmanische Reich besiegte und damit möglicherweise das Abendland gerettet hat. Von den Einnahmen erbaute sich der Militärunternehmer dann Schloss Belvedere.
Zurück in die Innenstadt: hier das Café Demel, der wohl berühmteste Süßspeisentempel Österreichs.
Ein paar Meter weiter: die Wiener Pestsäule (eigentlich eine Dreifaltigkeitssäule), Vorbild für viele kleinere Varianten im Habsburger Herrschaftsbereich.
Letztlich führen in Wien alle Wege zum Stephansdom, der zentralen Kathedrale.
Mit dem berühmten Dach, welches nach dem 2. Weltkrieg restauriert wurde. (Der Stephansdom wurde zwar nicht bombardiert, aber bei Plünderungen in den letzten Kriegstagen brach Feuer aus).
Hier der wesentlich kleinere Nordturm. Warum sind beide Türme nicht gleich hoch? Den Habsburgern ging das Geld aus.
Drinnen war ich auch, wenn auch nur kurz, da ging es ziemlich zu.

Am Stephansdom endete die Walking Tour, ich bin aber noch eine ganze Weile weitergestapft.

Erstmal war eine Stärkung fällig: ein Teller belegter Brote beim Buffet Trzesniewski. Geht auf eine polnische Food-Tradition zurück (in Polen gibt es auch so eine Art Smörrebröd-Kultur) und ist neben Würsteln das einheimische Fast Food. Man sucht sich vom Tresen verschiedene belegte Brote aus. Und im Hintergrund sieht man etwas, was ich bisher nur in Österreich gesehen habe: ein achtel Liter Bier!

Dann ging es zurück in die Hofburg, wo es das für mich interessanteste Museum Wiens gibt: die Schatzkammer der Habsburger.

Da gibt es spektakuläre Schätze wie dieses Smaragdgefäß…
…oder diese uralte Achatschale aus dem byzantinischen Reich.
Vor allem aber sind da Kronjuwelen und andere Machtinsignien. Mit dieser Krone macht die Schatzkammer Werbung – das ist die Krone (nebst Szepter und Reichsapfel) des Kaiserreichs Österreich…
…nebst passendem Krönungsmantel. Kleider machen Leute.
Diese Krone hingegen ist vielleicht nicht so schick, aber dafür viel älter und historisch bedeutsamer: das ist die Krone des heiligen römischen Reiches. Wahrscheinlich nicht direkt die Kopfbedeckung von Karl dem Großen, aber definitiv aus dem Frühmittelalter und eins der sog. Reichkleinodien. Im europäischen Game of Thrones lange Zeit die begehrteste Trophäe.
Zu den Accessoires gehören ein Stück vom Heiligen Kreuz…
…die heilige Lanze, mit der man sogar Superman besiegen kann (kein Witz, in den Superheldencomics des zweiten Weltkriegs wurde mit diesem Relikt erklärt, warum Supeman nicht einfach Hitler festnimmt)…
…und ein Reichsapfel.
Natürlich gehört auch dazu ein Krönungsmantel…
…nebst Strümpfen und allerlei.

Interessanterweise waren die Reichkleinodien Gegenstand des einzigen möglicherweise gerechtfertigten Kunstraubs der Nazis: eigentlich gehören die Dinger historisch nach Nürnberg. Von dort hatte man sie nach Wien gebracht, damit sie nicht Napoleon in die Hände fielen – aber nachdem Napoleon weg war gaben die Habsburger sie nicht mehr her. Die Nazis brachten sie dann nach dem Anschluss wieder nach Nürnberg, aber die Alliierten „restituierten“ die Kleinodien dann wieder nach Wien. Sei’s drum, Wien ist auch nicht so viel weiter von meinem Domizil weg als Nürnberg…

Nach der Schatzkammer habe ich mir noch ein paar wichtige Gebäude entlang der Ringstraße angesehen:

Das österreichische Parlament, wobei die Abgeordneten wegen Renovierung derzeit in Containern tagen…
…das Burgtheater…
…das Wiener Rathaus, vor dem gerade ein großer Weihnachtsmarkt aufgebaut wird…
…samt meterhoher Christbaumkugeln.
Die Universität Wien (leider ließen sich die stürzenden Linien aufgrund der Perspektive hier nicht gut korrigieren). Ich arbeite für die LMU München, die größte deutsche Universität – aber die Uni Wien ist mit 75.000 Studierenden die größte deutschsprachige Universität.
Das Hauptgebäude ist denn auch ein gutes Stück größer als bei den LMU.
…und interessante Innenhöfe gibt es auch.
Dieses Plakat würde die LMU sicher auch gerne aushängen können. Immerhin haben wir den Nobelpreisträger von 2005…
Ganz in der Nähe ist der Sigmund-Freud-Park mit passendem Gedenkstein.
…und die Votivkirche, ein neogotischer Bau, der offensichtlich so dringend renoviert werden muss, dass man selbst die weltlichste Werbung in Kauf nimmt.
Der Haupteingang von der Seite sieht ohne Flink-Werbung doch deutlich besser aus.
Drinnen gibt es interessante Buntglafenster, man beachte den den J.o.C. (Jesus of Color) rechts unten.

Wie üblich bin ich am ersten Urlaubstag ziemlich weit rungekommen und war dann rechtschaffen fertig.

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