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Fronleichnam in Venedig

Nachdem mir das Coronavirus meinen Texas-Urlaub im April durchkreuzt hat, zu dem auch ein Aufenthalt in Corpus Christi, TX (Fronleichnam) gehört hätte, habe ich das Fronleichnam-Wochenende für einen Kurztrip nach Venedig genutzt. Alles ganz legal! Und mutmaßlich auch einigermaßen sicher, denn die Fallzahlen in Italien liegen jetzt unter denen von Deutschland. Ferienwohnung war einfach zu finden und zumindest anfangs waren auch wenig los in der ansonsten von Touristen überlaufenen La Serenissima.

Die Anfahrt war noch ziemlich verregnet, aber kaum war ich in Venedig, hat der Regen prompt aufgehört.

Am Mittwochabend war auch wirklich nicht viel los. Hier ein Blick auf den Piazzale Roma, den zentralen Ankunftspunkt für alles Venedig-Besucher, die vom Festland herkommen. Normalerweise strömen die Laute in Trauben.
Und eine Ansicht der Stadt vom obersten Stockwerk des Parkhauses – einer guter Aussichtspunkt.

Anders als sonst teile ich das Blog nicht nach Tagen auf (ich war von Mittwochabend bis Sonntagmorgen in Venedig), sondern präsentiere die Bilder mehr oder minder thematisch.

Berühmte Wahrzeichen

Der Canale Grande – die Hauptstraße Venedigs.
Die Rialtobrücke. Eine der wenigen Fußgängerbrücken über den Canale Grande. Überhaupt muss man ziemlich gut planen, wo und wann man auf welche Seite des Kanals wechselt, zumal die Traghetto-Fähren über den Kanal derzeit nicht fahren.
Der Markusdom am Markusplatz. Leider durfte man als Tourist nicht rein, auch wenn man Markus heißt.
Der am Donnerstagmorgen noch sehr leere Markusplatz. Das änderte sich am Freitag und Samstag deutlich, aber im Vergleich zu sonst war immer noch wenig los.
Dogenpalast und Campanile (Glockenturm) von der Insel San Giorgio Maggiore gegenüber.
…und vom Boden aus.
Markusdom und Camapnile aus ungewohnter Perspektive.
Die Seufzerbrücke verbindet den Dogenpalast mit dem Gefängnis nebenan und heißt so, weil hier angeblich die Verurteilten ein letztes Mal die Sonne sahen und seufzten.
Eine prächtige Gondel. 70-100 Euro pro Fahrt habe ich mir gespart.
Palazzo am Canale Grande.
Noch einer.
Die Ponte dell’Accademia, benannt nach der nahe gelegenen Akademie der Schönen Künste.

Ungewöhnliche Boote

In Venedig geht alles übers Wasser (oder über Schubkarren). Hier die Müllabfuhr.
Die Notaufnahme eines Krankenhauses nebst „Rettungswagen“.
Die Etna, ein Tank- und Versorgungsschiff der italienischen Marine.
Ein Venzeianer in der Midlifecrisis kann sich keinen Sportwagen zulegen. Die Alternative: eine Sportgondel! Bestimmt besser für das Herz-Kreislaufsystem.

Kanalszenen

Andere Städte haben eine Altstadt, Venedig ist ein Altstadt. Die ganze Stadt steht unter UNESCO-Schutz, es darf nichts geändert oder neu gebaut werden. Entsprechend pittoresk ist alles. Die Fassaden sind deswegen meist in schlechtem Zustand, weil nahezu jedes Haus unter Denkmalschutz steht und nur von ausgewiesenen Restauratoren renoviert werden darf. Das ist teuer und hält angesichts des Wetters am Meer nur ein paar Jahr.

Im Übrigen hat Venedig nur noch ca. eine Viertel Million Einwohner, kurz nach dem 2. Weltkrieg waren es mal über 1 Million. Durchschnittsalter 63. Ohne Tourismus wäre hier nicht mehr viel los.

Campi und Gebäude

Venedig besteht aus über hundert Inseln, davon ist jede eine historische Nachbarschaft und hatte einen Brunnen (Zisterne), eine Bäckerei und ein Campo – ein Feld in der Mitte, wo Gemüse angebaut wurde und Hühner und Schweine unterwegs waren. Heute sind die Campi die Plätze und wesentlich wichtiger geworden, denn sowohl Touristen als auch Venezianer sind wesentlich mehr zu Fuß unterwegs als mit dem Boot.

Der Friedhof San Michele

Wo begraben die Venezianer ihre Toten? Auf einer eigenen Insel. Jedenfalls seit Napoleon das Kloster auf der Insel San Michele säkularisierte und das Bestattungswesen der Stadt reformierte.

Zwei Heilige weisen den Weg…
…nach San Michele…
…mit eigener Bootshaltestelle, denn sonst käme man ja nicht hin.

Nun sieht der größte Teil des Friedhofs ganz normal aus. Fotografieren ist leider nicht erlaubt. Interessant fand ich den protestantischen Teil – der war sehr klein (logisch, wenig Protestanten in Italien) und ziemlich heruntergekommen (kein Grabpflege zu Allerheiligen?).

Logischerweise hat ein solcher Inselfriedhof irgendwann mit Platzmangel zu kämpfen. Die Lösung musste ich dann doch illegalerweise mit dem Handy fotografisch dokumentieren:

Diese Gräber sind…
…veritable Hochregallager! Amazon Cemetery Services sozusagen. Die Blumen sind übrigens alle künstlich.
Blick zurück nach Venedig.

Namensgeber

Zwei Orte gibt es in Venedig, die zu Namensgebern für eine ganze Klasse von Orten in aller Welt wurden: Arsenal und Ghetto.

Das Arsenal war keinesfalls ein Lager mit Waffen und Munition…
…sondern die militärische Werft von Venedig.
Hier wurden Kriegsschiffe quasi am laufenden Band in Rekordzeit gefertigt…
…um die Überlegenheit Venedigs zur See zu sichern.
Das Areal ist übrigens selbst heute noch militärisches Sperrgebiet, das Museum hatte leider zu.

So bedeutend war das Arsenal, dass andere Länder auch ihre Waffenfabriken und -lager sowie ihre Fußballteams danach benannten.

Ähnlich verhält es sich mit „Ghetto“:

Das „Ghetto“ von Venedig war die erste separate Siedlung von Juden in einer mittelalterlichen Stadt – wie in Venedig üblich auf einer eigenen Insel…
…mit eigener Zisterne.
Natürlich wurde es da mit der Zeit sehr eng, und die Steuern waren extra hoch, aber immerhin standen die Juden in diesem Ghetto unter dem Schutz des Staates – auch vor der Inquisition.
Hier die Synagoge. Der Name „Ghetto“ kommt wahrscheinlich von „Geto“ – Gießerei und war somit ursprünglich ein ziemlich neutraler Begriff.

Der Name und das Konzept „Ghetto“ verbreitete sich dann über Europa und wurde mit der Zeit entsprechend negativ konnotiert.

Der Dogenpalast

Venedig war 1000 Jahre lang eine Republik, bis Napoleon der politischen Unabhängigkeit ein Ende setzte. Vorher waren Jahrhunderte des Niedergangs, denn der portugiesische Seeweg nach Indien durch Vasco da Gama beraubte Venedig seiner Gewürzemonopols. Aber Mann, waren die mal reich und mächtig! Entsprechend protzig ist der Dogenpalast, Sitz des Herzog, der verschiedenen Räte und Gerichte, Machtzentrum der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Supermacht Venedig,

Hier nochmal der Dogenpalast von außen. Merke: in Venedig ist die wichtige Fassadenseite immer die zum Wasser hin,

Essen und Trinken

Zum Abschluss…

…noch ein Bild, das ich vom Glockenturm der San Giorgio Maggiore gegenüber dem Dogenpalast geschossen habe. Es zeigt die vorgelagerte Insel Giudeca.

Morgen (Sonntag) geht es dann zurück nach München – mal sehen, ob die deutschen Grenzer mich wieder rein lassen. Ich muss sagen, der Tapetenwechsel hat mir sehr gut getan, und die Gelegenheit, Venedig ohne allzu viele Touristen zu sehen, war wahrscheinlich einmalig. Wobei es am Freitag und Samstag durchaus schon wieder ziemlich rund ging, hauptsächlich Italiener und Deutsche. Ich will gar nicht wissen, wie das hier ist, wenn Busse und Kreuzfahrtschiffe den Massentourismus bringen. Zumindest die Kreuzfahrtindustrie dürfte aber post-Corona ziemlich gestutzt werden.

Vielen Dank für Lesen und bis zum nächsten Mal!