Abreisetag. Allerdings geht unser Flieger erst um 23.25 Uhr und das Hotel bietet die Möglichkeit, das Gepäck zu lagern und nach der Abholung nochmal in Wellness-Bereich zu Duschen. Also haben wir noch zwei kulturhistorische Attraktionen gemacht.
Battle Box
Die Battle Box ist eine Bunkeranlage in Fort Canning, die im Zweiten Weltkrieg als Kommandozentrale der Briten diente. Hier wurde ein großer Teil der Fehlentscheidungen getroffen, die zur Niederlage trotz numerischer Überlegenheit führte. Hier wurde dann aber auch die durchaus vernünftige Entscheidung zur Kapitulation getroffen, trotz strikter Anweisung aus London, bis zum letzten Mann zu kämpfen.
Im Prinzip war das Spiel gelaufen, als die Japaner das McRitchie-Reservoir einnahmen und damit die Wasserversorgung der Stadt kontrollierten. Wasser ist auf dieser Insel noch wichtiger als Munition und Diesel (welche die Japaner aber auch schnell unter ihre Kontrolle brachten). Dennoch war es eine knappe Sache, denn die Japaner hatten auch keinen Nachschub mehr – hätten sie nicht die wichtigsten Ressourcen der Insel in Windeseile unter Kontrolle bekommen, wäre die Invasion kurz vor Schluss noch gescheitert. Der japanische General selbst nannte die Einnahme Singapurs einen „Bluff“, der aber für ihn aufging.
Die Battle Box selber ist historisch hergerichtet und mit Wachsfiguren ausgestattet, die die letzten Tage der britischen Verteidigung darstellen. Ein tatsächlich sehr guter Audioguide führt einen durch.







Nationalmuseum
Danach ging es ins Nationalmuseum, wo ich hoffte, die damals sehr gute Ausstellung über die mittelalterlichen Handelsnetzwerke im heutigen Malaysia, Indonesien und Singapur erneut zu sehen. Leider ging der Plan nicht auf:


Zeit fürs Mittagessen, erneut bei dem sehr guten Koreaner in der Nähe des Hotels:


Danach duschen, Gepäck sortieren und ab zum Flughafen. Diese Zeilen entstehen, während wir darauf warten, dass die Lufthansa die Gepäckannahme für unseren Abendflug eröffnet.
Changi Jewel
Der Flughafen Singapur Changi gewinnt immer wieder Preise als einer der besten Flughäfen der Welt. Ein zentraler Grund dafür ist das Changi Jewel. Das liegt inmitten der Terminals und hat Hunderte von Geschäften und Restaurants, einen Park, einen Naturpfad und einen Wasserfall mit nächtlicher Lightshow. Hier kann man einige Stunden verbringen, ohne in die übliche Flughafen-Monotonie zu verfallen.


Das offensichtlich Spektakulärste ist der Rain Vortex, der zentrale Wasserfall des Jewel. Das dürfte so ziemlich einzigartig in der Welt sein. Es dient übrigens auch als Regenablauf. Entlang der Begrünung am Rand kann man hochwandern.








Das Jewel hat, wenn ich es richtig gezählt habe, acht Stockwerke. Eins davon besteht fast ausschließlich aus Spielzeugläden und Läden mit Merchandise zu japanischer und anderer Populärkultur – da ist der Pokemon-Store schon so Mainstream, dass ich ich gar nicht abgelichtet habe.








Am meisten Geld in Werbung und Präsenz hatte wohl Nintendo investiert, die demnächst die Switch 2 auf den Markt bringen.

Tatsächlich gibt es auch einen (kostenpflichtigen) Park ganz oben im Jewel. Der ist den Eintritt durchaus Wert. Nicht nur gibt es da viele extra choreographierte Foto-Points, er ist auch insbesondere nach Einbruch der Dunkelheit durchaus entspannt und ruhig im Vergleich zum sonstigen Trubel.









Apropos Einbruch der Dunkelheit: natürlich wird der Wasserfall dann farbig bestrahlt und zur vollen Stunde gibt es eine fünfminütige Show mit Musik und Lasereffekten.








Die Show kommt natürlich als Video am besten rüber:
Aber auch der schönste Urlaub muss enden. Der Flug war lang (12,5h) aber einigermaßen erträglich, ich konnte trotz eines schreienden Kleinkinds fast die Hälfte davon verschlafen. Auch unser Gepäck kam wohlbehalten an, nur dauerte es MUC-typisch eine gute Stunde nach Landung, bis wir es wieder an uns nehmen konnten. Diese Zeilen entstehen schon wieder am heimischen PC. Der Temperaturschock in München war schon hart – 30 Grad in Singapur, 8 Grad in München. Von tropischer Hitze habe ich erstmal genug, aber ein bisschen wärmer hätte es in München schon sein dürfen.
Meine Singapur-Erfahrung war 2025 zumindest wettertechnisch normaler als 2019, wo es fast nie regnete. Dieses Mal regnete es jeden Tag mindestens einmal, allerdings meistens nicht länger als eine Stunde – nur einmal war ein ganzer Abend verregnet. Wir mussten aber schon den Wetterbericht im Auge behalten. In der Stadt wäre es nicht weiter schlimm in einen Regenguss zu geraten, das ist uns auch bei einer der Walking-Touren passiert. Aber bei den Outdoor-Ausflügen, insbesondere nach Bukit Timah und Pulau Ubin wäre es schon ziemlich zäh gewesen, wenn ein tropischer Regensturm über uns ergangen wäre. Aber man muss die Google-Wetterapp loben, sie hat uns meistens ganz gut den Weg gewiesen.
Singapur war wie immer eine lohnende Erfahrung: super Essen, super Kultur, super Natur, alles auf kompaktem Raum und gut erreichbar. Vor allem aber ist es immer wieder eine Freude, in einer Stadt zu sein, in der einfach alles funktioniert. Der ÖPNV ist gut ausgebaut und pünktlich. Die gesamte Infrastruktur ist hervorragend in Schuss. Und – von Energie aus Öl und Gas mal abgesehen – setzt die Stadt wirklich auf Nachhaltigkeit und die Integration von Stadt und Natur ausgelegt. Allein der Umgang mit Wasser ist wirklich vorbildlich. Knapp die Hälfte der Insel ist Naturschutzgebiet und auch in den bebauten Regionen ist alles begrünt, was nur irgendwie begrünt sein kann.
Der öffentliche Wohnungsbau von Singapur ist das achte Weltwunder und sollte anderen Ländern als Vorbild dienen. 80% der Bevölkerung wohnt in vom Staat erbauten Wohnungen, 90% von ihnen haben ihre Wohnung als Eigentum erworben, in 99-jähriger Erbpacht. Natürlich sind das alles Hochhäuser und es stehen auch meistens 5-6 identische Hochhäuser nebeneinander, aber die nächste Gruppe Hochhäuser sieht dann schon wieder anders aus, und alle sind attraktiv angestrichen und hervorragend in Schuss – die staatliche Wohnungsbaugesellschaft kümmert sich wirklich gut um die Gebäude. Wahrscheinlich hilft es auch, dass die meisten Bewohner nicht Mieter sind, sondern Eigentümer. Mit tristen Plattenbausiedlungen hat das alles nichts zu tun. Vielleicht sind Einfamilienhäuser irgendwie hübscher, aber bezahlbarer Wohnraum für alle ist ein unschätzbares Gut.
Singapur ist dadurch ziemlich das Vorbild einer 15-Minuten-Stadt. Nahezu überall gibt es eine U-Bahn-Station in Laufweite, ebenso ein Hawker Center und Einkaufsmöglichkeiten. Stau gibt es zur Rush Hour schon auf den Straßen, aber die Regierung will den Autoverkehr immer weiter reduzieren. Schon jetzt sind Autos schier unerschwinglich – nicht wegen dem Preis der KFZ selbst, sondern weil die Anzahl der Gesamtautomobile stark beschränkt ist und Lizenzen entsprechend teuer. Aber man braucht eben auch kein Auto in dieser Stadt.
Erstaunlich gut funktioniert auch die ethnische und kulturelle Vielfalt, die von der Regierung zum zentralen Staatsprinzip erhoben wurde. Obwohl die Chinesen die weitaus größte Bevölkerungsgruppe darstellen, wird streng darauf geachtet, dass Malayen und Tamilen (die anderen beiden großen Gruppen) eben keine Bürger zweiter Klasse sind, sondern kulturell und gesellschaftlich gleichberechtigt. Lustigerweise ist die alte Kolonialsprache Englisch der Kitt, der alles zusammenhält: das gesamte Schulwesen läuft auf Englisch, so dass faktisch niemand in seiner Muttersprache unterrichtet wird (wobei die Muttersprachen auch Unterrichtsfach sind, aber eben als eigener Sprachunterricht). Und es ist auch nicht so, dass nur Chinesen, Malayen und Tamilen Anspruch auf diese Gleichberechtigung haben, das gilt auch für neuere Bevölkerungsgruppen, wenn sie eine gewisse kritische Masse erreicht haben.
Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein. Mit der Pressefreiheit ist es in Singapur nicht weit her und seit Staatsgründung regierte stets die People’s Action Party mit großen Mehrheiten. Auf dem Demokratieindex steht Singapur in der unteren Hälfte, dafür beim Anti-Korruptionsindex ganz oben, nur von Finnland und Dänemark übertroffen- Und es stimmt natürlich schon: die Gesetze sind strikt, die Strafen sind hart – vor allem bei Drogen versteht Singapurs Justiz absolut keinen Spaß. Gleichzeitig ist die Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit gering. Überwachungskameras gibt es durchaus, aber sicher weniger als in Großbritannien oder gar China. Man kommt sich definitiv nicht vor wie in einem Polizeistaat. Ein Großteil der öffentlichen Ordnung basiert schlicht auf Erziehung und gesellschaftlichem Konsens.
Nur für die ca. 1 Million Gastarbeiter im Land ist es wahrscheinlich nicht so schön. Sie arbeiten vor allem auf dem Bau und ohne sie würde Singapur nicht funktionieren. Deren Wohnviertel werden deutlich stärker überwacht und die Restriktionen, z.B. beim Alkoholverkauf, sind strikter. Diese Gruppen stehen unter einem gewissen Generalverdacht. Außerdem müssen viele von ihnen hohe Kosten an die Vermittler für Visum und Unterkunft zahlen. Allerdings ist Singapur halt soviel reicher und selbst die Niedriglöhne soviel besser als in den meisten anderen Ländern der Region, dass es keinen Mangel an Arbeitsmigranten gibt.
Sicherlich kein System, das man 1:1 kopieren sollte, aber in vielen Bereichen könnte man sich von Singapur schon best practices abschauen, wenn man in Deutschland denn willens wäre, mal über den Tellerrand zu schauen.
Damit schließe ich den Blog. Vielen Dank an Christian fürs Mitkommen nach Singapur – zu zweit ist es halt doch lustiger und ich habe wahrscheinlich mehr und umfangreichere Ausflüge in die Natur unternommen, als ich es allein getan hätten. An alle: vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Mal.
Vielen Dank, Hüni ❤️
So kann ich immer wieder neue Länder bereisen, in die ich sonst wahrscheinlich nie kommen werde 😉