Ostern in Ljubljana

Es ist mal wieder Zeit für eine kurze Städtereise, diesmal nach Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens. Anders als Wien, Prag oder Budapest war Ljubljana historisch keine Hauptstadt. Unter den Habsburgern war Slowenien Teil der kaiserlichen Kronlande, vor allem das Herzogtum Krain. Im Königreich Jugoslawien und nach dem 2. Weltkrieg in Titos Jugoslawien war es dann schon die Hauptstadt einer Region bzw. dann einer sozialistischen Teilrepublik, aber die Unabhängigkeit kam natürlich erst 1991 mit dem Ende Jugoslawiens. Ljubljana ist nicht übermäßig groß (gut 300.000 Einwohner, ganz Slowenien hat 2,1 Millionen) aber durchaus schmuck und geschichtsträchtig.

Ljubljana hat als Stadt einige Vorteile, die es attraktiv machen: es wurde im 2. Weltkrieg nicht zerstört – es war zwar erst von Italien, dann von Deutschland besetzt aber nicht Schauplatz größerer Kampfhandlungen. Die letzte große Zerstörung war ein Erdbeben 1895, das aber nur eine Flussseite betraf und zu vielen Neubauten im Jugendstil (Secession) führte. Der andere große Faktor ist der Architekt Jože Plečnik, der bereits für seine Arbeiten in Wien und Prag berühmt war, sich aber als slovenischer Patriot sah und Ljubljana aktiv mit den einer Hauptstadt gebührenden Gebäuden ausstattete, bevor Ljubljana tatsächlich Hauptstadt war.

Wie bei meinen kleineren Blogs üblich gehe ich nicht chronologisch sondern thematisch vor.

Altstadt

Die Altstadt zieht sich am Fluss Ljubljanica entlang, wobei eigentlich nur die Südseite die „richtige“ Altstadt ist – hier sind Burg, Kathedrale, usw. Doch auch auf der anderen Seite sind viele historische Gebäude, die aber eben erst im 18./19./20. Jhdt. entstanden.

Wobei die allerälteste „Altstadt“ von Ljubljana tatsächlich auf der Nordseite lag (die Karte ist falschrum), das römische Emona nämlich. Die Römer bauten auch nicht direkt am Fluss, weil sie die regelmäßigen Fluten vermeiden wollten.
Allerdings wurde Emona von den Hunnen zerstört und es bleiben nur noch archäologische Funde. In diesem Falle Tongefäße aus einer Taverne. Selbst der „Steinturm“ im Hintergrund stammt aus der frühen Neuzeit und war Teil der Villa, unter der die römischen Artefakte gefunden wurden.
So richtig Wahrzeichen des alten Ljubljana sind die Burg…
…und das Rathaus. Die Kathedrale auch, aber die ist a) nicht besonders fotogen und b) kaum aufs Bild zu kriegen, da auf allen Seiten umbaut.
Hübsche Straßen…
…in der Altstadt.
Hier ist auch der tägliche Markt.

Der Fluss

Nun folgt der historische Stadtkern dem Fluss Ljubljanca, dementsprechend findet sich auch hier viel Sehenswertes.

Hier die Drei Brücken. Ursprünglich war es nur eine, aber als dann Autos aufkamen wurden unter Plecnik dann links und rechts jeweils noch eine Fußgängerbrücke gebaut. Heute ist übrigens der gesamte historische Stadtkern autofrei, sehr angenehm.
Hier sieht man besser, wie das mit den Drei Brücken gemeint ist.
Ebenfalls eine Brücke von Plecnik, der Mann hatte viel Zeit in Italien verbracht und sich dabei einen Säulenfetisch eingefangen.
Das sieht man auch hier sehr gut. Entlang des Fluss baute Plecnik 300 Meter Kolonaden – überdachte Märkte mit Inspiration von den Römern. Die gelben Türme im Hintergrund gehören zur Kathedrale.
Nochmal die Kollonaden. Die baute Plecnik übrigens während des Krieges unter italienischer Besatzung. Als Baumaterial musste er dabei weitgehend übrig gebliebene Trümmer aus Zeiten des Erdbebens vom 1895 verwenden. Recycling! Leider war nur am ersten Tag das Wetter schön mit blauem Himmel.
Die sog. Fleischerbrücke stammt übrigens nicht von Plecnik. Er hatte Pläne dafür, konnte diese aber nicht umsetzen. Die nun existente Brücke entstand erst kürzlich und man verzichtete auf die Säulen.
Plecnik trägt daher auch keine Verantwortung für die Statuen auf der Brücke…
…oder die Unzahl an „Liebesschlössern“ die selbst die Deko auf dem Geländer verunzieren.
Auch nicht von Plecnik stammt die Drachenbrücke – ursprünglich zum 40. Thronjubiläum von Kaiser Franz Josef gebaut und die erste Stahlbetonbrücke des Habsburger Reiches.
Aber sie hat eben diese hübschen Jugenstildrachen.
Am Fluss blühten auch die Kirschen.

Nord/Westseite

Die andere Seite des Flusses (wo einst die Römer waren) ist etwas weitläufiger und hier befinden sich auch monumentalere Bauten.

Wobei es durchaus auch hier nette Sträßchen gibt. Diese hier ist nur so leer, weil es noch früh war.
Im Zentrum ist der Prešerenplatz (direkt rechts von diesem Bild sind die Drei Brücken) mit der Franziskanerkirche, die eigentlich rot sein sollte aber mit der Zeit zu altrosa verblasste.
Benannt nach dem slovenischen Nationaldichter France Prešeren. Man findet erfrischend wenige Statuen von Königen und Generälen in Ljubljana – war halt lange keine Hauptstadt.
Derselbe Platz in die andere Richtung.
Hier herrscht der Jugendstil (bzw. Secessionsstil, damals war noch Österreich). Hier das erste Kaufhaus der Stadt.
Die National- (und Universitäts-)bibliothek stammt wieder von Plecnik, auch ohne Säulen. Mit fortschreitendem Alter wurde er experimentierfreudiger. Die kleinen Fenster oben sollen geöffnete Bücher symbolisieren.

Auf dieser Flussseite befindet sich auch der Kongressplatz, benannt nach dem Laibacher Kongress (Laibach ist der deutsche bzw. österreichische Name) von 1821, ein Nachfolgekongress des Wiener Kongresses. Quasi der Sicherheitsrat der Heiligen Allianz, die die Welt post-Napoleon wieder „in Ordnung“ bringen wollten. Logischerweise sind hier große, monumentale Gebäude zu finden.

Hier die Slowenische Philharmonie.
Das hier war mal der Sitz des Habsburger Gouverneurs, aber nach dem Ende der Monarchie 1918 machte man die slowenische Universität draus bzw. deren Hauptgebäude. Von dem Balkon aus verkündete Tito die Gründung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien. Als Bill Clinton 1994 bei einem Besuch auch von diesem Balkon sprechen wollte, ließ man ihn nicht, denn mittlerweile waren Titos Massentötungen in diesen frühen Tagen des kommunistischen Jugoslawien ans Licht gekommen, die Symbolik wäre etwas prekär gewesen.

Sozialismus

Wie eigentlich immer in ex-sozialistischen Ländern gibt es auch Walking Tours, die sich der Thematik des sozialistischen Diktatur widmen, und eine solche habe ich auch diesmal mitgemacht. In Deutschland denkt man bei Jugoslawien ja meistens an das nette Urlaubsland, wo man für Deutschmark spottbillig Schnapps und Essen bekam und wo alles viel entspannter war als in der DDR oder Polen. Das ist auch nicht ganz unrichtig, allerdings begann diese Phase erst ca. 1960, auch dank amerikanischer Wirtschaftshilfe und Remissionen von Jugoslawen, die z.B. in die BRD auswanderten. Und nach 1980 und dem Tod Titos ging es in Jugoslawien rapide wirtschaftlich bergab bis zu Zerfall in die heutigen Teilstaaten, der in Slowenien extrem glimpflich verlief aber vor allem in Bosnien zu jahrelangem Bürgerkrieg führte.

Nach 1945 war erstmal ziemlich knallharte Diktatur, wo Tito auch abertausende seiner echten oder vermeintlichen Gegner umbringen ließ – der Partisanenkrieg gegen Italien und Deutschland, der Tito letztlich an die Macht brachte, war auch ein fieser Bürgerkrieg gewesen. Die slowenische Gesellschaft ist im Umgang damit weiterhin gespalten. Nicht nur laut Tourguide: ich war auch im Museum für Zeitgeschichte und da werden diese Massentötungen nur in einem schlecht auf Englisch übersetzten Halbsatz erwähnt.

Darum geht es letztlich in diesem „Denkmal für die Opfer aller Kriege„, das 2015 am Kongressplatz errichtet wurde (nicht der Anker im Vordergrund, die Betonstelen und Flaggen im Hintergrund). Die beiden Betonstelen werden weithin als Symbole für die „Partisanen“ (also Titos Truppen) und die „Kollaborateure“ (alle anderen) verstanden, was aber eigentlich nicht so gemeint ist. Kein allzu beliebtes Denkmal.

Architektonisch gingen die sozialistischen Diktaturen Osteuropas ja meistens mit Betonbrutalismus einher. In Ljubljana war das weniger der Fall, wobei es durchaus viel grauen Beton außerhalb des historischen Stadtkern gibt.

Das slowenische Parlaments – schon Sitz des Parlaments des jugoslawischen Teilrepublik Sloweniens – entspricht dieser Vorstellung noch am ehesten.
Die Hochhäuser gegenüber sind zwar auch grau und ziemlich hässlich, aber sie sind eher an westliche moderne Architektur angelehnt. Ist ja nicht so, als hätten nur die Sozialisten mit viel Beton gebaut…
Ebenso dieses. Vieles wurde von Plecniks Schülern entworfen, die dem Modernismus anheim gefallen waren.
Am selben Platz wie das Parlament und die beiden grauen Türme (logischerweise dem Platz der Republik) befindet sich auch das Maxi – das war quasi das „Kaufhaus des Westens“ von Ljubljana.
Interessant ist auch dieses Denkmal, ebenfalls am Platz der Republik. Der Mann vorne in der Mitte ist Edvard Kardelj, quasi die rechte Hand Titos und durchaus für die Massentötungen am Ende des 2. Weltkriegs mitverantwortlich. Er war aber eben auch der Autor der föderativen Verfassung Jugoslawiens von 1974, welche den Teilrepubliken starke Autonomie bis hin zur Sezession ermöglichte und auch als juristische Rechtfertigung für die slowenische Unabhängigkeitserklärung von 1991 verwendet wurde.

Die Burg

Am Sonntag war ich dann auch noch auf der Burg droben…

…die übrigens auch aus meiner Ferienwohnung sehen kann.
Glücklicherweise muss man nicht zwingend hochstiefeln, es gibt eine Standseilbahn. Funiculì, Funiculà, Funiculì, Funiculàaaaa!
So sieht es dann droben aus.
Wie man unschwer erkennen kann, war das Wetter am Ostersonntag eher durchwachsen.
Natürlich kann man von der Burg aus weit in die Ferne sehen. Mein Apartment ist übrigens in dem braunen hohen Gebäude ziemlich in der Bildmitte.

Metelkova

Ljubljana hat seine eigene Version der Kopenhagener Kommune Christiania: Metelkova. Das war eine Kaserne der jugoslawischen Volksarmee, die nach 1991 einem Parkplatz weichen sollen und stattdessen von (ich denke mal) linksalternativen Aktivisten besetzt und zu einem Kulturzentrum umgebaut wurde. Die Stadt duldet das weitgehend.

Die Ähnlichkeit zu Christiania ist wirklich nicht zu übersehen.
Auch hier…
…und hier. Das Gelände ist allerdings deutlich kleiner.
Diesen Dachbewohner fand ich sympathisch.

Essen und Trinken

Wie immer auf Reisen gilt: ich bin ja nicht zum Spaß hier, sondern um zu Essen! Auch diesmal habe ich eine Food Tour gemacht und auch sonst Verschiedenes ausprobiert.

Fangen wir mit der bekanntesten und geschütztesten Spezialität an: der Krainer Wurst Kranjska Klobasa. Die slowenische Bezeichnung ist dabei wichtig, denn diese hat sich Slowenien von der EU schützen lassen. Sehr zum Unmut der Österreicher, wo die Krainer auch schon sehr lange produziert und gegessen wird. Der Kompromiss: die Österreicher dürfen ihre Krainer weiterhin so nennen, aber nur auf Deutsch, und deren Version ist nicht „artengeschützt“. Käsekrainer gibt es in Slowenien übrigens nicht, das ist einer österreichische Erfindung.

Aber auch darüber hinaus ist viel geboten:

Das hiesige Bier schmeckt nicht aufsehenerregend (aber schon gut) hat aber immerhin ein poppiges Logo.

Tja, und dann ist da noch so eine Sache. Ich vermisse die guten alten Jugo-Restaurants. Den Balkangrill, wo man eine riesige Grillplatte für preiswertes Geld bekommt und hinterher mit Sliwowitz ertränkt. Sind in München ja beinahe ausgestorben. Nun ist es so, dass Ćevapčići auch keine slowenische Spezialität sind (eher bosnisch und serbisch), und Sliwowitz auch nicht. Das heißt aber nicht, dass es sie hier nicht gibt: die Bosnier sind ja nicht nur nach Deutschland geflohen sondern eben auch nach Slowenien.

Drum gibt es Lokale wie das Sarajevo ’84. Der Name ist Programm.
Ich werde allerdings alt. Eine ganze Grillplatte mit Ćevapčići, Steak, Wurst, Leber und Pommes schaffe ich einfach nicht mehr. Wohl aber 10 Ćevapčići mit Brot, Ajvar, Frischkäse und Zwiebeln (wenn auch nur knapp). War echt lecker!

Das sah übrigens nicht nur ich so. Ich war gegen 18 Uhr, also recht früh, im Sarajevo ’84 und musste nur knapp 10 Minuten auf einen Platz warten – das klappte aber auch nur, weil ich alleine war und an der Bar noch ein Schemel frei war. Als ich wieder ging standen die Leute bis nach draußen Schlange – im echt unangenehm kalten Regen! Und das waren bestimmt nicht alles Touristen. Die Jugo-Nostalgie lebt also, zumindest kulinarisch!

Tja und das war’s dann auch schon mit dem Osterwochenende in Ljubljana, morgen geht es zurück nach München, in der Hoffnung auf möglichst wenig Stau. Vielen Dank fürs Lesen und bis nächstes Mal.

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